Das Potenzial und die Entwicklung von Datenräumen

Heutzutage generieren, verarbeiten und nutzen Unternehmen wie auch Privatpersonen eine immense Menge an Daten, die nach Schätzungen weltweit von 64.2 Zettabyte im Jahr 2020 auf geschätzt rund 180 Zettabyte im Jahr 2025 immer weiter anwachsen (Taylor 2022).

Damals wie heute wird die globale Datenwirtschaft jedoch dominiert von einzelnen Unternehmen, den sogenannten BigTechs wie Alphabet, Meta, Amazon und Microsoft (The Economist 2017). Eine Möglichkeit den Datenaustausch und die Datennutzung abseits der monopolistischen BigTechs zu realisieren, basiert auf dem Konzept vertrauenswürdiger Datenräume. So entwickeln sich in der Schweiz bereits verschiedene Datenraum-Projekte in Bereichen wie Mobilität (NADIM), Tourismus (NADIT), Gesundheit (EPD) und Bildung (Edulog).

Doch was sind Datenräume genau und wie funktionieren sie? Dieser Blogbeitrag setzt sich mit dieser Fragestellung auseinander und zeigt aus Sicht des Business Engineering Institute St. Gallen (BEI) ein mögliches Zielbild für Datenräume in der Schweiz auf.

Was sind Datenräume?

Nach dem vom Bundesrat der Schweiz angenommenen Bericht «Schaffung von vertrauenswürdigen Datenräumen basierend auf der digitalen Selbstbestimmung» (UVEK und EDA 2022) stellt ein Datenraum eine organisatorische und technische Struktur dar, die Datennutzende und Datenanbietende verbindet und den Zugriff, die Bearbeitung sowie das Teilen und Nutzen von Daten gewährleistet. Die Rollen der Datennutzenden und Datenanbietenden in einem Datenraum können von verschiedenen Stakeholdern wie zum Beispiel Individuen, aber auch Unternehmen oder der öffentlichen Hand wahrgenommen werden.

Die technische Grundlage eines Datenraums wird durch eine Dateninfrastruktur bestehend aus technischen und physischen Komponenten realisiert. Durch diese technische Infrastruktur werden das Datenangebot und die Datennachfrage aufeinander abgestimmt, wodurch die Nutzung und der Zugriff der Daten beispielsweise über standardisierte Schnittstellen ermöglicht wird. Die Organisation eines Datenraums wird wiederum durch eine Governancestruktur abgebildet. In dieser werden die Rollen, Rechte und Pflichten der im Raum agierenden Akteure sowie die zur Datennutzung geltenden Rahmenbedingungen reglementiert. Die  Governancestruktur wird von Datenraumträgerschaften festgelegt, die beispielsweise von Unternehmen oder der öffentlichen Hand eingenommen werden können (UVEK und EDA 2022). Die folgende Abbildung stellt einen Datenraum samt zugehöriger Rollen modelltypisch dar.

Abbildung 1: Modell einer typischen Ausprägung eines Datenraumes, Quelle: UVEK und EDA (2022), Grafik 3, S. 18.

Zielbild für die Entstehung vertrauenswürdiger Datenräume in der Schweiz

Damit Datenräume von der Bevölkerung wie auch von Unternehmen in ihren Rollen als Datennutzende und Datenanbietende akzeptiert und genutzt werden, bedarf es der Zusammenarbeit der im Raum agierenden Rollen auf Basis freier, fairer und ethischer Reglementierungen sowie vertrauenswürdiger Prozesse und Infrastrukturen (siehe auch Golliez 2020).

Vertrauenswürdige Datenräume als spezielle Form von Datenräumen ermöglichen die digitale Selbstbestimmung von Individuen auf Basis der Grundprinzipien Transparenz, Kontrolle, Fairness, Verantwortlichkeit und Effizienz. Dabei stellen die Teilnehmer des Datenraums ihre Daten nach eigenem Willen und mit der nötigen Kontrolle zur Verfügung und legen selbstbestimmt fest, zu welchem Zweck ihre Daten genutzt werden (EDA und BAKOM 2023).

Vertrauenswürdige Datenräume helfen beim umfangreicheren Erschliessen des Potenzials von Daten, in dem der Austausch und die Nutzung der Daten zwischen Individuen, Unternehmen und der öffentlichen Hand ermöglicht und gefördert werden. Dies ermöglicht das gezielte Adressieren wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Bedürfnisse.

Aus Sicht der BEI müssen für die flächendeckende Adoption vertrauenswürdiger Datenräume aufgrund der immer weiter steigenden Datennutzung und das Fortschreiten der Entwicklung technologischer Trends die Bedürfnisse der Datennutzenden und Datenanbietenden berücksichtigt werden. Zudem sollen Datenräume sich dynamisch weiterentwickelnde dezentrale Vertrauensnetzwerke darstellen, die übergreifend verschiedene Ecosystem-Bereiche entlang der zugrundeliegenden Use Cases verbinden. Datenräume müssen dezentral organisiert werden, damit einzelne Akteure keine monopolistische Machtposition aufbauen und somit das innewohnende Konzept der Selbstbestimmtheit in vertrauenswürdigen Datenräumen gefährden. Zudem muss zu bestehenden Datenräumen Interoperabilität gewährleistet werden, beispielsweise durch die Ausarbeitung zugrundeliegender Standards auch über Ländergrenzen hinweg in einem internationalen Kontext, sodass auch die internationale Anschlussfähigkeit der Schweiz gesichert ist. Die folgende Abbildung skizziert das Zielbild von vertrauenswürdigen Datenräumen als dezentrales Vertrauensnetzwerk aus Sicht des Business Engineering Institute St. Gallen.

Abbildung 2: Zielbild von vertrauenswürdigen Datenräumen als dezentrales Vertrauensnetzwerk aus Sicht der BEI

Laufende Arbeiten im Kontext von Datenräumen

Seit der erstmaligen Idee aus der Strategie «Digitale Schweiz» vom 11. September 2020 ist es ein Ziel der Bundesverwaltung, den Aufbau und Betrieb vertrauenswürdiger Datenräume für ihre Bürgerinnen und Bürger zu fördern (Bundesrat 2020).

Zur Unterstützung dieses Ziels erarbeiten das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) einen «Verhaltenskodex für den Betrieb von vertrauenswürdigen Datenräumen basierend auf der digitalen Selbstbestimmung». Dort wird das Modell vertrauenswürdiger Datenräume durch Aufzeigen einzuhaltender Verhaltensweisen für die im Raum agierenden Akteure propagiert. Diese orientieren sich anhand der oben beschriebenen Grundprinzipien der digitalen Selbstbestimmung (EDA und BAKOM 2023).

Parallel zur Ausgestaltung des Verhaltenskodex erarbeitet das Business Engineering Institute St. Gallen in Zusammenarbeit mit der Universität Lausanne und dem EDA eine Kurzstudie, um die Bedürfnisse der Individuen der Schweiz in Bezug auf das Teilen und die Nutzung von Daten in Datenräumen sowie deren Ausgestaltung zu identifizieren. Aus Sicht der BEI bildet  die erstellte Bedürfnisanalyse aus der Perspektive der Individuen jedoch nur einen Teil des Gesamtkonzepts zur Erstellung eines Zielbildes für vertrauenswürdige Datenräume. Ausgehend von dieser Grundlage fehlen noch die Sichtweisen einzubeziehender Wirtschaftsvertreter und in Teilen der öffentlichen Hand insbesondere von Kantonen und Gemeinden, um deren rollenspezifische Anforderungen in einer zweiten Projektphase zu eruieren und zu einem gesamthaften Zielbild zu vereinen.

Diese Arbeiten unterstützen die weiterreichende Realisation des Potenzials aus Daten, in dem ein breiter Datenaustausch sowie eine gemeinsame, vielseitigere und umfangreichere Nutzung von Daten in einem vertrauenswürdigen Umfeld gefördert werden.


Quellen

Bundesrat (2020). Strategie Digitale Schweiz. https://www.digitaldialog.swiss/de/, 12.06.2023.

EDA und BAKOM (2023). Verhaltenskodex für den Betrieb von vertrauenswürdigen Datenräumen basierend auf der digitalen Selbstbestimmung, Draft-Version 1.0.

Golliez, A. (2020). Was sind Datenräume und wozu brauchen wir sie? Netzwoche. 07.12.2020. https://www.netzwoche.ch/meinungen/2020-12-07/was-sind-datenraeume-und-wozu-brauchen-wir-sie, abgerufen am: 12.06.2023.

UVEK und EDA (2022). Schaffung von vertrauenswürdigen Datenräumen basierend auf der digitalen Selbstbestimmung. https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/70835.pdf, abgerufen am 12.06.2023.

Taylor, P. (2022). Volume of data/information created, captured, copied, and consumed worldwide from 2010 to 2020, with forecasts from 2021 to 2025. Statista. 08.09.2022, abgerufen am: 12.06.2023.

The Economist (2017). The world’s most valuable resource is no longer oil, but data. 07.05.2017. https://www.economist.com/leaders/2017/05/06/the-worlds-most-valuable-resource-is-no-longer-oil-but-data, abgerufen am: 12.06.2023.

Nick Kakuschke
Thomas Zerndt

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