Überblick: Daten zur Wertschöpfung im Unternehmen

Daten waren lange Zeit in aller Munde. „The world’s most valuable resource is no longer oil, but data“ (The Economist, 2017), lautete das überall postulierte Mantra. Aktuell dominieren jedoch die Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) die Medien, getrieben insbesondere durch generative KI wie ChatGPT, DALL-E und Co., die neue Inhalte wie Texte, Bilder oder Sprache erstellen können. Diese generierten Dateninstanzen werden mithilfe der Technologie wiederum auf Basis von enormen Datensätzen erstellt (Touati, 2024). Entsprechend wird es heute und zukünftig für Unternehmen immer relevanter, sich mit dem Thema «Daten» als Grundlage wertschöpfender Aktivitäten auseinander zu setzen. Das Competence Center (CC) Ecosystems des Business Engineering Institute St. Gallen entwickelt Lösungen für relevante Problemstellungen aus der Praxis und adressiert dabei unter anderem die Nutzung von Daten als Schlüsselrolle für unternehmerischen Erfolg in dynamischen Geschäftsumgebungen. In diesem Blogbeitrag wird eine Einführung zu den Forschungsinhalten des CC Ecosystems im Rahmen der Wertschöpfung aus Daten (Data Value Creation) für Unternehmen gegeben.

Heutzutage sind “die meisten Unternehmen von Daten überflutet” (Wixom and Ross, 2017, S. 10). Dies gilt ebenso für Banken, die insbesondere mit den Personen- und Finanzdaten ihrer Kunden über besonders schützenswerte Daten in hohem Umfang verfügen. Mit der wachsenden Datenmenge vervielfältigen sich auch die Möglichkeiten für Unternehmen diese Daten zu nutzen und einen Mehrwert für sich zu schaffen (Baecker, Böttcher and Weking, 2021). Nichtsdestotrotz gelten zahlreiche regulatorische Vorgaben wie auch ethische Vorbehalte, die diese Möglichkeiten insbesondere für Banken einschränken. Dennoch stellt die Nutzung von Daten «eine der bedeutendsten technologischen Disruptionen für Unternehmen» dar (Chen et al., 2017, S. 19). Dieses Potenzial kann auch empirisch gezeigt werden, sodass Unternehmen, die Daten nutzen, andere in Bezug auf Produktivität und Rentabilität übertreffen (McAfee and Brynjolfsson, 2012; Quaadgras, Weill and Ross, 2014; Wiener, Saunders and Marabelli, 2020).

Entsprechend geraten Unternehmen immer stärker unter Druck möglichst jegliches Potenzial «aus ihren Daten zu holen», um ihre gegenwärtige Marktposition aufrechtzuerhalten oder gar einen Wettbewerbsvorteil zu entwickeln (Chen et al., 2017; Grover et al., 2018). In diesem Zusammenhang sollen häufig gänzlich neue datengetriebene Geschäftsmodelle entwickelt werden, die auf Daten als Kernressource aufbauen (Hartmann et al., 2016; Schüritz and Satzger, 2016). Nach diesem Dogma können Unternehmen möglicherweise ihre bestehenden Daten direkt an Interessenten verkaufen, was zumindest bis zu einem gewissen Grad unabhängig von den bisherigen Leistungen des Unternehmens ist. Beispielsweise ist es gängige Praxis, dass Einzelhändler Daten von Verkaufstransaktionen ihrer Kunden an Verbraucherforschungsunternehmen verkaufen (Wixom, 2014). Auch die Bereitstellung von Daten über Application Programming Interfaces (APIs) gewinnt immer mehr an Bedeutung und kann ein rentables Geschäftsmodell für Unternehmen darstellen (Mobey Forum 2022). Andererseits können sich Unternehmen der Erstellung und dem Vertrieb von komplexeren Daten- oder Informationsprodukten verschreiben (Quach et al., 2022), beispielsweise indem auf einen spezifischen Zweck angepasste KI-Modelle entwickelt werden.

Da jedoch die Entwicklung gänzlich neuer Geschäftsmodelle nicht für jede Unternehmung eine gangbare Praxis darstellen dürfte, müssen Daten nicht weiterhin ungenutzt bleiben. So können Daten auch für inkrementelle Verbesserungen des bestehenden Geschäfts auf verschiedene Weise Anwendung finden (Chen, Chiang and Storey, 2012). Beispielsweise können Prozesse automatisiert oder durch erhobene Informationen über deren Abläufe und Schnittstellen effizienter ausgestaltet werden (Möller et al., 2020). Andererseits können durch detaillierte Informationen Risiken eines Unternehmens besser eingeschätzt und reduziert werden (Borthakur, Srinivasan and Kulkarni, 2022). Beispielsweise können und werden potenzielle Schuldner in Bezug auf ihre Bonität geprüft, um das Ausfallrisiko ausgegebener Kredite zu reduzieren. Auch können Unternehmensentscheidungen unterstützt werden, indem diese weniger aus Bauchgefühlen heraus, sondern informationsbasiert und wohl überlegt getroffen werden (Breidbach and Maglio, 2020), beispielsweise durch die Analyse des potenziellen Marktes, der Wettbewerber und weiterer Faktoren bei Investitionsentscheidungen. Derartige Ansätze finden auch bei der Kundeninteraktion Anwendung. So können Kundenbedürfnisse und deren Verhalten analysiert werden, um in erster Instanz den Kunden im Zentrum der Unternehmung besser zu verstehen (Rantala et al., 2020), aber auch gezielt Werbekampagnen für spezifische Kundengruppen zu steuern oder gar maßgeschneiderte Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln (Fast, Schnurr and Wohlfarth, 2021).

Scheinbar bieten sich Unternehmen schier grenzenlose Möglichkeiten, um aus Daten Wert für sich zu schaffen. Jedoch stellt dieser Blumenstrauss an Möglichkeiten häufig Unternehmen und Entscheidungsträger vor Probleme, die «richtige(n)» dieser Möglichkeiten auszuwählen (Nutt, 2004). Dabei ist insbesondere zu beachten, dass die Umsetzung von Datennutzungsszenarien typischerweise mit nicht unerheblichen Investitionen für die Unternehmen einhergeht (Grover et al., 2018), zum Beispiel durch die notwendige Bereitstellung von Hard- und Software zur Gewährleistung von Speichermöglichkeiten sowie dem Zugriff und der Verfügbarkeit der Daten wie auch die Sicherstellung einer den Nutzungszwecken angemessenen Datenqualität. Neben diesen technischen Aspekten bedarf die Nutzung von Daten weiterer organisationaler Fähigkeiten im Kontext des Datenmanagements, die von dem Preprocessing der Daten über deren Analyse und Auswertung bis hin zur Nutzung der Erkenntnisse oder deren Monetarisierung reichen.

Um entsprechend potenzielle Investitionen zu rechtfertigen, benötigen Unternehmen in erster Linie Klarheit über die für sie verfügbaren Möglichkeiten zur Wertschöpfung aus Daten (Grover et al., 2018). Da auch die bisherige wissenschaftliche Literatur, die über zahlreiche Bereiche wie Daten Monetarisierung, datengetriebene Geschäftsmodelle und Business Analytics fragmentiert ist, zu dieser Problemstellung keine umfassende Lösung liefert, wird im Rahmen des CC Ecosystems hierzu ein Lösungsartefakt entwickelt, das die möglichen Optionen zur Wertschöpfung aus Daten für Unternehmen umfassend aufzeigt und innerhalb eines Systematisierungsrahmens zur einfacherer Auswahl für den Entscheider einordnet. Dieses Lösungsartefakt wird in weiteren Blogbeiträgen vorgestellt. More to come …


Referenzen

Baecker, J., Böttcher, T.P. and Weking, J. (2021) ‘How Companies Create Value From Data –  A Taxonomy on Data, Approaches, and Resulting Business Value’, ECIS 2021 Research Papers [Preprint]. Available at: https://aisel.aisnet.org/ecis2021_rp/124.

Borthakur, M., Srinivasan, H. and Kulkarni, P. (2022) ‘Monetizing Data Points to Increase Profitability for Banks’, Cardiometry, (24), pp. 948–959. Available at: https://doi.org/10.18137/cardiometry.2022.24.948959.

Breidbach, C.F. and Maglio, P. (2020) ‘Accountable algorithms? The ethical implications of data-driven business models’, Journal of Service Management, 31(2), pp. 163–185. Available at: https://doi.org/10.1108/JOSM-03-2019-0073.

Chen, H., Chiang, R.H.L. and Storey, V.C. (2012) ‘Business Intelligence and Analytics: From Big Data to Big Impact’, MIS Quarterly, 36(4), pp. 1165–1188. Available at: https://doi.org/10.2307/41703503.

Chen, H.-M. et al. (2017) ‘How Lufthansa Capitalized on Big Data for Business Model Renovation’, MIS Quarterly Executive, 16(1), pp. 19–34.

Fast, V., Schnurr, D. and Wohlfarth, M. (2021) Data-driven Competitive Advantages in Digital Markets: An Overview of Data Value and Facilitating Factors, Wirtschaftsinformatik 2021 Proceedings. Available at: https://aisel.aisnet.org/wi2021/GFuture18/Track18/9.

Grover, V. et al. (2018) ‘Creating Strategic Business Value from Big Data Analytics: A Research Framework’, Journal of Management Information Systems, 35(2), pp. 388–423. Available at: https://doi.org/10.1080/07421222.2018.1451951.

Hartmann, P.M. et al. (2016) ‘Capturing value from big data – a taxonomy of data-driven business models used by start-up firms.’, International Journal of Operations & Production Management, 36(10), pp. 1382–1406. Available at: https://doi.org/10.1108/IJOPM-02-2014-0098.

McAfee, A. and Brynjolfsson, E. (2012) ‘Big Data: The Management Revolution’, Harvard Business Review, 90(10), pp. 61–67.

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Möller, F. et al. (2020) Data-driven Business Models in Logistics: A Taxonomy of Optimization and Visibility Services, Hawaii International Conference on System Sciences 2020 (HICSS-53). Available at: https://aisel.aisnet.org/hicss-53/os/org_issues_in_bi/5.

Nutt, P.C. (2004) ‘Expanding the search for alternatives during strategic decision-making’, Academy of Management Perspectives, 18(4), pp. 13–28. Available at: https://doi.org/10.5465/ame.2004.15268668.

Quaadgras, A., Weill, P. and Ross, J.W. (2014) ‘Management commitments that maximize business impact from IT’, Journal of Information Technology, 29(2), pp. 114–127. Available at: https://doi.org/10.1057/jit.2014.7.

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Rantala, T. et al. (2020) ‘Selling Data-Based Value in Business-to-BusinessMarkets’, Technology Innovation Management Review, 10(1), pp. 45–53.

Schüritz, R. and Satzger, G. (2016) ‘Patterns of Data-Infused Business Model Innovation’, in. 2016 IEEE 18th Conference on Business Informatics (CBI), pp. 133–142. Available at: https://doi.org/10.1109/CBI.2016.23.

The Economist (2017). ‘The world’s most valuable resource is no longer oil, but data.‘ 07.05.2017. https://www.economist.com/leaders/2017/05/06/the-worlds-most-valuable-resource-is-no-longer-oil-but-data, abgerufen am: 12.09.2023.

Touati, B. (2024) ‘Generative KI‘, Technopedia, 15.02.2024. https://www.techopedia.com/de/definition/generative-ki, abgerufen am 05.04.2024.

Wiener, M., Saunders, C. and Marabelli, M. (2020) ‘Big-data business models: A critical literature review and multiperspective research framework’, Journal of Information Technology, 35(1), pp. 66–91. Available at: https://doi.org/10.1177/0268396219896811.

Wixom, B.H. (2014) ‘Cashing In on Your Data’, Research Briefing. MIT CISR [Preprint]. Available at: https://cisr.mit.edu/publication/2014_0801_DataMonetization_Wixom (Accessed: 29 September 2023).

Wixom, B.H. and Ross, J.W. (2017) ‘How to Monetize Your Data’, MIT Sloan Management Review, 58(3), pp. 10–13.

Nick Kakuschke

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