Studienergebnisse zur Analyse der Bedürfnisse Schweizer Individuen für vertrauenswürdige Datenräume 

„The world’s most valuable resource is no longer oil, but data“ so beschreibt bereits die Wochenzeitung The Economist die zunehmende Bedeutung von Daten (Taylor 2022). Jedoch wird das Potenzial der Daten häufig nur von monopolistischen Techkonzernen genutzt (The Economist 2017). Um das Potenzial von Daten zu nutzen damit gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedürfnisse gezielter befriedigt und Innovation begünstigt werden, fördert die Bundesverwaltung der Schweiz für ihre Bürgerinnen und Bürger den Aufbau und den Betrieb vertrauenswürdiger Datenräume (Bundesrat 2020, UVEK und EDA 2022). 

Was vertrauenswürdige Datenräume sind und wie diese funktionieren, können Sie in diesem Blogbeitrag nachlesen. 

Um die Bedürfnisse der Individuen der Schweiz in Bezug auf das Teilen und die Nutzung von Daten in vertrauenswürdigen Datenräumen sowie deren Ausgestaltung zu identifizieren und somit die Bevölkerung in den Prozess zur Entwicklung von vertrauenswürdigen Datenräumen mit einzubeziehen, hat das Business Engineering Institute St. Gallen in Zusammenarbeit mit der Universität Lausanne eine Studie erarbeitet. Diese wurde durch einen Beitrag der Direktion für Völkerrecht des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) mitfinanziert. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Studie kurz zusammengefasst.  

Die umfängliche Studie finden Sie auf unserer Homepage. Bei Rückfragen kontaktieren Sie mich gern unter nick.kakuschke@bei-sg.ch

Methodik 

Zur Erreichung des oben geschilderten Ziels wurden repräsentativ zur Gesamtbevölkerung der Schweiz in Bezug auf Alter, Sprachregion und Geschlecht mehr als 2000 Individuen ab 16 Jahren befragt. 

Ergebnisse der Studie 

Datenkompetenz 

Um zu Beginn die Datenkompetenz der Individuen zu bestimmen, wurden sie nach den jeweils von ihnen verwendeten Online-Diensten und Apps befragt. Die zugrundeliegende Intention war, zu identifizieren, ob die Datenkompetenz der Individuen Rückschlüsse auf deren Bedürfnisse und Anforderungen in Bezug auf vertrauenswürdige Datenräume liefern kann. 

Die überwiegende Mehrheit der Individuen verwendet verschiedene Online-Dienste und Apps – von Cloud-Sharing über Kommunikationsdienste und soziale Netzwerke bis hin zu Bonusprogrammen wie die Cumulus-Karte. Gerade einmal 2% der Befragten gaben an, keine Dienste und Apps zu nutzen. 

Zwei Drittel der Individuen gaben an, sich bewusst zu sein, dass bei der Nutzung der Dienste und Apps ihre personenbezogenen Daten zu kommerziellen Zwecken weiterverwendet werden. Dennoch sah sich die Mehrheit der Individuen nur teilweise in der Kontrolle über ihre personenbezogenen Daten. 

Datenkompetenz – Trotz breiter Nutzung von Online-Diensten und Apps fühlt sich die Mehrheit der Befragten nicht in der Kontrolle über ihre eigenen Daten 

Nutzen und Risiko ausgewählter Anwendungsszenarien 

Im zweiten Teil der Umfrage wurden die Teilnehmenden zu Nutzen und Risiken von vertrauenswürdigen Datenräume in ausgewählten Anwendungsszenarien befragt. Vorgestellte Anwendungsszenarien waren unter anderem das Teilen von Standort- und Bewegungsdaten für anbieterübergreifende Mobilitätsdienstleistungen und Echtzeitinformationen (Ecosystem-Bereich Mobilität), das Teilen von Finanzdaten zur Vorsorgeplanung (Ecosystem-Bereich Finanzen) und das Teilen des Energieverbrauchs zur Infrastrukturplanung (Ecosystem-Bereich Energie). Eine Liste aller abgefragten Anwendungsszenarien können Sie der ausführlichen Studie entnehmen. Insgesamt zeigte sich, dass die beschriebenen Anwendungsszenarien der Datenräume vorwiegend als nützlich angesehen werden. Vor allem wurden die präsentierten Szenarien der Ecosystem-Bereiche Freizeit, Gesundheit und Energie als eher nützlich oder sehr nützlich eingestuft. 

Die Individuen betrachteten den jeweiligen Nutzen der aufgezeigten Szenarien in Anbetracht des damit für sie einhergehenden Risikos differenziert. Beispielsweise wurde bei den Szenarien im Bereich Gesundheit ein höheres Risiko empfunden. Vorgestellte Anwendungsszenarien aus dem Ecosystem-Bereich Finanzen wurden von den Befragten in Bezug auf Nutzen und Risiko als eher weniger interessant angesehen. 

Darüber hinaus liess sich erkennen, dass die vorgestellten Anwendungsszenarien als nützlicher eingeschätzt wurden, je höher die Datenkompetenz der Individuen ausgeprägt war (bewertet anhand der Nutzung von Online-Diensten und Apps). Derartige Tendenzen sind zum Teil auf die Risikoeinschätzung der Individuen übertragbar, d.h. je höher die Datenkompetenz angegeben wurde, umso geringer wurde das mit einem Nutzungsszenario einhergehende Risiko eingeschätzt. 

Insgesamt zeichnete sich nach den Angaben der Individuen die Anwendungsszenarien des Ecosystem-Bereichs Energie (Teilen von Verbrauchs- und Produktionsdaten der Individuen zur Planung der Infrastruktur für erneuerbare Energiequellen sowie zur gemeinschaftlichen Optimierung des Energieverbrauchs), als vielversprechende Szenarien für vertrauenswürdige Datenräume ab, da der Bereich – verglichen mit den verbleibenden abgefragten Nutzungsszenarien – sowohl einen höheren Nutzen wie auch ein geringeres Risiko aufweist. 

Ausgestaltung vertrauenswürdiger Datenräumen 

Zusätzlich wurden die Individuen im Kontext der Anwendungsszenarien befragt, ob die jeweiligen Datenräume nach ihrer Meinung geschlossen oder offen sowie lokal, national oder international organisiert sein sollten. Dabei zeichnete sich aus Sicht der Datenanbietenden eine Tendenz zu geschlossenen Datenräumen (das Datenteilen mit bekannten Akteuren) ab. Bei Datenräumen im Bereich Freizeit und Energie war mit rund 30 % der Antworten, verglichen mit anderen Bereichen, ein höheres Votum für offene Datenräume erkennbar. Zudem bevorzugten über alle Ecosystem-Bereiche und Nutzungsszenarien hinweg mehr als die Hälfte der Individuen nationale Datenräume. Lokal ausgeprägte Datenräume wurden von rund 30 % und internationale Datenräume von weniger als 20 % der Individuen präferiert. 

Zudem schlugen die Individuen zahlreiche mögliche Nutzungsszenarien für künftige Datenraumprojekte vor, wie Anwendungen in den Bereichen der Justiz, beim Behördenkontakt, für Freizeitaktivitäten oder auch im Bereich der Gesundheit. 

Nutzungsszenarien und Ausgestaltung vertrauenswürdiger Datenräume – Die Bevölkerung hat eine differenzierte Meinung zu Nutzen und Risiken von Datenräumen in den verschiedenen Bereichen. Datenanbietende präferieren in den abgefragten Bereichen zurzeit eher geschlossene Datenräume mit schweizweitem Fokus 

Im dritten Teil der Umfrage wurden die Individuen zu gewünschten Funktionen und Anforderungen an einen vertrauenswürdigen Datenraum befragt. Dabei war es den Individuen besonders wichtig, durch das Teilen ihrer Daten von personalisierten Services und Analysen im Datenraum profitieren zu können. Darauffolgend wurde die Möglichkeit zur Monetarisierung der eigenen Daten sowie die Kombinations- und Nutzungsmöglichkeit der im Datenraum zugänglichen Daten für eigene Zwecke eingeordnet. Die geringste Wichtigkeit wurde dem Spenden der eigenen Daten zugeschrieben. 

In Bezug auf die Funktionen eines Datenraums waren den Individuen Transparenz- und Kontrollaspekte am wichtigsten. Entsprechend wollten die Individuen einsehen können, welche Daten von ihnen erhoben werden und wer ihre Daten zu welchem Zweck verwendet. Ebenso möchten die Individuen Zugriffsrechte für die Weitergabe der eigenen Daten für definierte Zwecke vergeben und widerrufen können. 

Zudem wurden die Individuen nach der bevorzugten Art zur Vergabe der Zugriffsrechte auf ihre Daten befragt. Mit einer starken Tendenz liess sich erkennen, dass 8 von 10 Individuen ihre Zugriffsrechte eigenständig verwalten möchten. Die Verwaltung der eigenen Zugriffsrechte durch Datentreuhänder oder durch geeignete technische Lösungen wurde nur begrenzt als Möglichkeit in Betracht gezogen. 

Trotz der zahlreichen Möglichkeiten, die von den Individuen von einem vertrauenswürdigen Datenräumen erwartet werden, war ausschliesslich rund ein Fünftel bereit, für die bereitgestellten Leistungen eines Datenraums zu zahlen. Hingegen gab über die Hälfte der Individuen an, nicht für einen Datenraum zahlen zu wollen. 

Anforderungen an vertrauenswürdige Datenräume – Klares Votum für Datenräume in Form von Public-Private Partnerships, die Selbstbestimmung und Kontrolle über die eigenen Daten ermöglichen 

Zusammenfassend lässt sich aus den Ergebnissen der Studie erkennen, dass die Individuen der Schweiz einen Bedarf für vertrauenswürdige Datenräume in der Schweiz sehen und dank bereits heute grosser Datenkompetenz in der Lage sind, Nutzen und Risiken unterschiedlicher Anwendungsszenarien abzuschätzen und zu differenzieren. 

«Die Bürgerinnen und Bürger der Schweiz befürworten vertrauenswürdige Datenräume und sind in der Lage, deren Nutzen und Risiken zu differenzieren.» 

Projektteam: individuenbezogene Bedürfnisanalyse für vertrauenswürdige Datenräume 


Referenzen 

Bundesrat (2020). Strategie Digitale Schweiz. https://www.digitaldialog.swiss/de/ 

Taylor, P. (2022). Volume of data/information created, captured, copied, and consumed worldwide from 2010 to 2020, with forecasts from 2021 to 2025. Statista. 08.09.2022. https://www.statista.com/statistics/871513/worldwide-data-created/ 

The Economist (2017). The world’s most valuable resource is no longer oil, but data. 07.05.2017. https://www.economist.com/leaders/2017/05/06/the-worlds-most-valuable-resource-is-no-longer-oil-but-data, abgerufen am: 12.09.2023. 

UVEK und EDA (2022). Schaffung von vertrauenswürdigen Datenräumen basierend auf der digitalen Selbstbestimmung. https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/70835.pdf 

Nick Kakuschke

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