Die Kunst der Kooperation

Um Vorteile wie Kostensenkung, Standardisierung, Flexibilisierung und Qualitätssteigerung zu erzielen, gehen immer mehr Unternehmen Partnerschaften oder Sourcing-Verträge mit Partnern ein [Hughes et al 2010, S.6].

«Sourcing konzentriert sich auf den Erwerb von Ressourcen oder Dienstleistungen von externen Anbietern, während eine Partnerschaft eine langfristige und strategische Allianz zwischen Unternehmen darstellt, die auf gemeinsamen Zielen und enger Zusammenarbeit basiert.» In diesem Blogbeitrag liegt der Fokus auf Partnerschaften zwischen Unternehmen.

Solche Beziehungen sind unverzichtbar, um in einer komplexen Welt wettbewerbsfähig zu bleiben (Zugang zu neuen Märkten, Förderung von Innovationen, Risikoteilung etc.). Das Eingehen von Partnerschaften ist nicht neu, es gibt sie seit Beginn der wirtschaftlichen Transaktionen, aber die Komplexität und auch die Abhängigkeiten, sei es durch die Globalisierung, aufkommende Technologien oder den externen Partner, haben in den letzten Jahren zugenommen. Zum Beispiel bei IT-Outsourcing-Themen: Übernimmt ein Outsourcing-Anbieter die komplette IT-Landschaft eines Outsourcing-Nehmers, werden unterstützende Wertschöpfungsprozesse ausgelagert, um Skaleneffekte und eine höhere Flexibilität bei dem auslagernden Unternehmen zu erzielen. Im Idealfall profitieren beide Seiten von der Partnerschaft, doch zahlreiche Beispiele zeigen die Konsequenzen beim Scheitern [Rayess 2016].  Einerseits ist ein wichtiges Instrument für solche Partnerschaften die Erfüllung von Service Level Agreements (SLAs). Diese sogenannten harten Faktoren (Verträge etc.) einer Partnerschaft müssen gut ausgearbeitet sein, sind aber meist nicht der Knackpunkt, warum Partnerschaften scheitern. Meist sind weiche Faktoren (Kultur, beispielsweise in der Kommunikation etc.) ausschlaggebend für das Scheitern.

Zu den Top 5 Problemfaktoren für das Scheitern von Partnerschaften gehören [Dahm 2021, S.43 ff.]:

– Unklarheit über die eigene Rolle in der Partnerschaft,

– fehlendes Verständnis für Abhängigkeiten

– mangelnde Planung

– fehlendes Vertrauen und

– unzureichende Kommunikation

Dies zeigt, dass Partnerschaften aktiv geplant, gesteuert und gepflegt werden müssen. Betrachtet man den Prozess des Aufbaus einer Partnerschaft, so steht am Anfang meist eine persönliche Beziehung und ist somit vom Beziehungsgeschick einzelner Person abhängig. Geht der Prozess jedoch in eine nächste Phase über, ist es nicht mehr die einzelne Person, die den größten Einfluss hat, sondern die gesamte Beziehung zwischen zwei Organisationen. Effizientes Partnermanagement und Beziehungspflege müssen daher wiederholbar sein und auch Personal- und Managementwechsel überdauern können.

Betrachtet man die Gründe für ein Scheitern von Partnerschaften genauer, so sind folgende Besonderheiten hervorzuheben [Dahm 2021, S.68ff]:

– Einseitiger Nutzen

– Mangelnde Kompetenzen des Personals (auf beiden Seiten)

– Nicht oder ungenügend geteiltes Wissen

– Fehlende Kommunikation zwischen Schlüsselpersonen

– Mangelndes Engagement für das gemeinsame Projekt

– Unzureichende Zusammenarbeit

– Zu wenig Vertrauen und zu viele Schuldzuweisungen

– Mangelnde Verlässlichkeit der Partner

Es zeigt sich also, dass es oft die weichen Faktoren sind, die zum Scheitern von Partnerschaften führen. Denn während ein SLA vertraglich klar definiert ist, bleiben die weichen Faktoren meist unbestimmt.

Ob in einer Partnerschaft (langfristige Zusammenarbeit) oder in einer Kooperation (temporäre Zusammenarbeit), es gilt immer den Gesamtkontext genauer zu betrachten und deren Risiken abzuwägen. Zum einen ist auf Konflikte zu achten. Konflikte können bei Abläufen, Strukturen und operativ entstehen oder bei zwischenmenschlichen Themen wie Kultur, Verhalten etc. Auf der anderen Seite ist es wichtig, den Opportunismus der einzelnen Parteien im Sinne eines einseitigen Vorteils durch bewusste Täuschung, Irreführung oder Zurückhaltung von Informationen im Auge zu behalten. Dies kann auch der Fall sein, wenn ein Partner hinter dem Rücken eines anderen Partners nach alternativen Partnern sucht. Schließlich sind unethische Praktiken wie z. B. falsche Versprechungen, Nichteinhaltung von Vereinbarungen etc. als Risiko in einer Partnerschaft oder Kooperation vorhanden. Die hier aufgeführten Elemente von Risiken in Partnerschaften sind sicherlich nicht abschließend, operative Elemente wie z.B. erhöhter Koordinationsaufwand sind ausgeklammert. Dennoch soll hervorgehoben werden, dass Partnerschaften eben nicht nur durch Verträge & Co. gekennzeichnet sind, sondern vielmehr die zwischenmenschlichen Faktoren das Boot zum Sinken oder die Rakete zum Abheben bringen [Dahm 2021, S.74 ff.]. Doch wie können Partnerschaften erfolgreich werden und welche Normen sind zu beachten?

Nach Dahm [2021, S. 74] sind folgende Normen für Partnerschaften relevant:

  • Kommunikation ist für jede Art von Partnerschaft/Kooperation unerlässlich. Ein offener, wertschätzender und angemessener Austausch ist entscheidend, dass Partner miteinander reden wollen oder nicht.
  • Solidarität, die sich darauf bezieht, ob Organisationen einander in schwierigen Situationen unterstützen und ob sie Konflikte durch kooperative Lösungen oder durch egozentrische Interessenvertretung angehen [Ivens 2002; Wünsche 2010].
  • Reziprozität. Damit ist gemeint, dass die Partner in Kooperationsbeziehungen fair von der Zusammenarbeit profitieren. Die Überzeugung, dass man nur gemeinsam erfolgreich sein kann, fördert die Zusammenarbeit enorm.
  • Konfliktmanagement. In jeder Partnerschaft sind Konflikte vorprogrammiert.  Wie geht man mit Konflikten um, können sie intern und informell gelöst werden oder muss der Rechtsweg beschritten werden?
  • Rollenintegrität. Klar definierte Rollen und ein Konsens über diese Definitionen sind relevant für die Erwartungshaltung und das eigene Handeln [Ivens 2002; Macneil 1980].
  • Gebrauch von Macht. Wobei Machteinsatz definiert, ob und wie Partner ihre Machtpotenziale für ihre Interessen einsetzen, wobei in Partnerschaften Macht mit Bedacht eingesetzt wird, um die Beziehung nicht zu gefährden [Ivens 2002; Wünsche 2010].
  • Planungsverhalten und Langfristorientierung. Wichtig sind die strategische Planung und Ausrichtung der Kooperationspartner auf langfristige Geschäftsbeziehungen, wobei gemeinsame Ziele und iterative Planung eine entscheidende Rolle spielen [Ganesan 1994; Ivens 2002; Palay 1984; Wünsche 2010].
  • Flexibilität. Auch die Bereitschaft der Partnerorganisationen, von bestehenden Vereinbarungen abzuweichen, um auf Veränderungen im Umfeld oder in der Organisation reagieren zu können, sind von entscheidender Bedeutung [Palay 1984].

Neben diesen Punkten sind auch weitere Parameter entscheidend. Rahmenbedingungen sind z. B. die Unterstützung durch das Top-Management, die Abhängigkeiten der Partner voneinander, das Geschäftsverständnis, die Governance (Verträge etc.), die Beziehungsqualität, das Engagement der Parteien, Vertrauen und Zufriedenheit [Dahm 2021, S.75ff].

Sollten alle diese Punkte positiv ausgeprägt sein, fehlt schlussendlich noch der Erfolg. Der Erfolg ist wesentlich, damit die Parteien den Wert der Partnerschaft einordnen können. Wenn der Zusammenhang zwischen Partnerschaft und Erfolg aufgezeigt werden kann, ist die Bereitschaft der Stakeholder vorhanden, finanzielle und personelle Ressourcen für die Gestaltung der Beziehung bereitzustellen [Dahm 2021, S.81, vgl. Grover et al. 1996; Lee und Kim 1999; Swar et al. 2012; Wünsche 2010].

Abschliessende Gedanken

Der zunehmende Abschluss von Sourcing-Verträgen und Partnerschaften zwischen Unternehmen ist eine strategische Antwort auf die Komplexität und Dynamik der heutigen Geschäftswelt. Unternehmen suchen nach Vorteilen wie Kostensenkung, Standardisierung, Flexibilisierung und Qualitätssteigerung, die durch solche Beziehungen erreicht werden können. Während die Vorteile auf der Hand liegen, dürfen jedoch die Risiken und Herausforderungen nicht unterschätzt werden.

Insgesamt zeigen die betrachteten Aspekte, dass erfolgreiche Partnerschaften nicht nur auf harten Faktoren wie Verträgen basieren, sondern vor allem auf zwischenmenschlichen Beziehungen, Vertrauen und einem gemeinsamen Verständnis der Ziele und Bedürfnisse aller Beteiligten. Nur wenn diese Elemente harmonisch zusammenwirken, können Partnerschaften langfristig erfolgreich sein und den Wettbewerbsvorteil und die Resilienz der beteiligten Unternehmen stärken.


Referenzen
[1] Dahm, M. H. Kooperationsmanagement in der Praxis. Lösungsansätze und Beispiele erfolgreicher Kooperationsgestaltung. FOM-Edition. Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 2021.

[2] Hughes, J., Wadd, J., Webb, M., & Faneuil, A. (2010). Value delivered by strategic supplier relationship management in major organisations. Vantage Partners; future purchasing. Boston, Guildford. S. 6

[3] Rayess, R. (2016). 5 reasons most outsourcing projects fail. CIO. https://www.cio.com/article/3021822/5-reasons-most-outsourcing-projects-fail.html.

[4] Ivens, B. S. (2002). Beziehungsstile im Business-to-Business-Geschäft: Formen, Erfolgswirkungen und Determinanten einer Differenzierung des Beziehungsmarketing in industriellen Geschäftsbeziehungen. Nürnberg: GIM-Verlag.

[5] Macneil, I. R. (1980). The new social contract: An inquiry into modern contractual relations. New Haven: Yale University Press.

[6] Wünsche, M. (2010). Performance Contracting: Effiziente Kooperations- und Leistungsanreize in der Outsourcing-Beziehung. Berlin: dbusiness GmbH.

[7] Ganesan, S. (1994). Determinants of long-term orientation in buyer-seller relationships. Journal of Marketing, 58(2), 1–19. https://doi.org/10.1177/002224299405800201

[8] Palay, T. M. (1984). Comparative institutional economics: The governance of rail freight contracting. The Journal of Legal Studies, 13(2), 265–287. https://doi.org/10.1086/467741

[9] Grover, V., Cheon, M. J., & Teng, J. T. C. (1996). The effect of service quality and partnership on the outsourcing of information systems functions. Journal of Management Information Systems, 12(4), 89–116. https://doi.org/10.1080/07421222.1996.11518102

[10] Lee, J.-N., & Kim, Y.-G. (1999). Effect of partnership quality on is outsourcing success: Conceptual framework and empirical validation. Journal of Management Information Systems, 15(4), 29–61. https://doi.org/10.1080/07421222.1999.11518221

[11] Swar, B., Moon, J., Oh, J., & Rhee, C. (2012). Determinants of relationship quality for IS/IT outsourcing success in public sector. Information Systems Frontiers, 14(2), 457–475. https://doi.org/10.1007/s10796-010-9292-7

Joël Eugster

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