Veränderungen der Wertschöpfungsstrategien von Private-Equity-Gesellschaften (Teil 2)

Obwohl – oder gerade weil – Private-Equity-Fonds sich als Anlageklasse zurzeit grosser Beliebtheit erfreuen, steht die Branche vor der Herausforderung, dass ihr nicht genügend Investitionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, um das in sie investierte Kapital gewinnbringend anzulegen und die Renditeerwartungen ihrer Investoren zu befriedigen. Wie ich im ersten Teil dieses Beitrags gezeigt habe, sind rückläufige Transaktionsvolumen ein wiederkehrendes Phänomen in der Geschichte der Private-Equity-Branche, das die Entwicklung neuer Wertschöpfungsstrategien erfordert. Heute möchte ich daher auf die Strategien eingehen, welche die Branche aus ihrem derzeitigen Dilemma führen können.

Aktuelle Entwicklungen in der Private-Equity-Branche

Die derzeitige Private-Equity-Transaktionswelle begann im Jahre 2009. Die in den Jahren 2007 und 2008 erlittenen hohen Verluste innerhalb der Private-Equity-Branche infolge der US-Immobilienblase und Subprime-Markt-Krise warf in der Wissenschaft die Fragestellung auf, ob die bisherigen Wertschöpfungsstrategien ausreichend sind, um den branchenspezifischen Herausforderungen zu begegnen (Guo, Hotchkiss & Song, 2011). Die Mehrzahl der wissenschaftlichen Publikationen belegt jedoch, dass Portfoliounternehmen noch immer erhebliche Produktivitätsgewinne aufgrund der Anwendung von durch Operational Engineering geprägten Wertschöpfungsstrategien aufzeigen. Zusätzlich wenden Private-Equity-Gesellschaften vermehrt sogenannte «Buy-and-Build»-Strategien an. Die Vorgehensweise basiert hierbei auf der initialen Akquisition eines wettbewerbsfähigen Unternehmens, welches in einer Branche mit einem hohen Konsolidierungsdruck tätig ist und anschliessend als Plattform für Zukäufe von direkten Wettbewerbern und Unternehmen mit sinnvoll ergänzenden Geschäftsmodellen dient (vgl. Butler, 2001). Private-Equity-Gesellschaften verfolgen hierbei das Ziel, in einem vormals fragmentierten Branchenumfeld eine Unternehmensgruppe zu etablieren, die eine kritische Grösse erreicht und somit durch die Ausnutzung von Skaleneffekten und Produktkomplementarität einen Wettbewerbsvorteil aufweist (vgl. Bacon et al., 2012). Daneben ist in den letzten Jahren eine zunehmende Fokussierung auf innovationsbezogene und kulturelle Unternehmensfaktoren erkennbar. Private-Equity-Gesellschaften entwickeln somit zunehmend neue Geschäftsmodelle, die im Vergleich zur ersten und zweiten Transaktionswelle weniger auf Financial-Engineering-Wertschöpfungsstrategien basieren.

Im Fokus: Wertschöpfungsstrategien mit dem Ziel der langfristigen Steigerung der Innovationsfähigkeit und Verankerung eines unternehmerischen Denkens

Private-Equity-Gesellschaften fördern ein organisationsübergreifendes unternehmerisches Denken und eine Belebung der Innovationskraft in Portfoliounternehmen, da die neue Eigentumsstruktur vorherige redundante Führungsebenen beseitigt und somit mehr Raum für Unabhängigkeit und Eigenverantwortung von Führungskräften und deren Mitarbeitern bietet. In der akademischen Literatur wird dieser Effekt, der einen kulturellen Wandel initiiert und sich positiv auf die Unternehmensdynamik und die Motivation der Mitarbeiter auswirkt (vgl. Houlden, 1990), als «Leveraged Buyout (LBO) Fever» bezeichnet. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass die daraus resultierende gestiegene Innovationskraft zu einer verstärkten Produktentwicklung, einem Anstieg der Anzahl technologischer Forschungsprojekte sowie Erhöhung der Mitarbeiteranzahl in Forschung und Entwicklung führt. Darüber hinaus bedingen diese innovationsorientierten Wertschöpfungsstrategien in herstellenden Industrien nachweislich eine Erhöhung der Patentanmeldungen (wissenschaftliche Messgrösse für die Quantifizierung der Innovationsfähigkeit) und -zitate (wissenschaftliche Messgrösse für die Innovationsqualität und gesamtwirtschaftliche Relevanz von Patenten) (vgl. Griliches, 1990; Hall et al., 2005). Eine durch Private-Equity-Gesellschaften bedingte gesteigerte Innovationsfähigkeit hat einen positiven Einfluss auf die Produktivität sowie den Ertrag von Portfoliounternehmen, welche sich auch nach Ausstieg der Private-Equity-Gesellschaften von Unternehmen ohne vorherigen Private-Equity-Einfluss abheben (vgl. Lerner, Sorensen & Strömberg, 2011).

Fazit

Die Historie verdeutlicht, dass Private-Equity-Gesellschaften ihre Wertschöpfungsstrategien regelmässig überdenken und anpassen müssen, um langfristig überdurchschnittliche Renditen für ihre Investoren erzielen zu können. Während in der Vergangenheit Financial- und Operational-Engineering-Ansätze im Vordergrund standen, müssen Private-Equity-Gesellschaften angesichts der aktuellen Herausforderungen ihre Geschäftsmodelle überdenken. Die Anwendung von Werttreibern basierend auf der Innovationskraft und Kultur von Portfoliounternehmen gewinnt vor diesem Hintergrund zunehmend an Bedeutung.  

Dieser Beitrag stützt sich auf die Forschungsergebnisse meiner Masterarbeit «A Conceptual Framework of Value Creation Strategies in Private Equity».


Ausgewählte Quellen

Bacon, N., Wright, M., Meuleman, M. and Scholes, L. (2012). The Impact of Private Equity on Management Practices in European Buy‐outs: Short‐termism, Anglo‐Saxon, or Host Country Effects?. Industrial Relations: A Journal of Economy and Society, 51: 605-626.

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Robinson, D. T. and Sensoy, B. A. (2011). Private Equity in the 21st Century: Liquidity, Cash Flows, and Performance from 1984-2010. NBER Working Paper, n.17428.

Rogers, P., Holland, T. and Haas, D. (2000). Private Equity Disciplines for the Corporation. The Journal of Private Equity, 6: 6-8. 

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Katharina Schache

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