
Smart Citizen: Vom digitalen Postfach zur digitalen Kontrolle der Wertschöpfungskette
Beim Konzept des Smart Citizen geht es darum, die öffentliche Verwaltung, Unternehmen, Hochschulen und Einwohner/-innen an einen Tisch zu bringen, um gemeinsam innovative, effiziente und bedürfnisorientierte Dienstleistungen für Einwohner/-innen zu entwickeln. Die Bandbereite möglicher Dienstleistungen und Projekte ist dabei sehr gross. Im Folgenden möchte ich einen Überblick über Themenbereiche geben, die unser Leben als Bürger/-innen und damit als Smart Citizen berühren. Dies tue ich oft anhand von Projekten, die versuchen, unser Leben und Arbeiten zu erleichtern und die entweder bereits Beteiligung zulassen oder von einer Partnerschaft profitieren könnten, wie sie eingangs beschrieben ist. Die Inhalte stammen aus ausgewählten Referaten, die vom Smart Citizen Club des Business Engineering Institute St. Gallen von April 2021 bis August 2021 organisiert wurden. Dabei geht es um folgende Themen:
- Arbeitserleichterung und Nachhaltigkeit durch das digitale Postfach
- Chatbots als Instrument der Bürgerbeteiligung
- die Reduzierung administrativen Aufwands durch wiederverwendbare Daten
- die Notwendigkeit lebenslangen Lernens durch die Digitalisierung
- ein Modellprojekt, das zeigt, wie ein Kanton Unternehmen und Bürger/-innen zur digitalen Partizipation befähigt
- wie die Blockchain Nachhaltigkeit fördern kann
Das digitale Postfach (Renato Gunc, Peax AG)
Das erste Projekt, das ich vorstellen möchte, ist das digitale Postfach. Trotz fortschreitender Digitalisierung versenden viele Unternehmen und Behörden immer noch Briefe oder PDF-Anhänge. Zum Beispiel versenden 88 % der KMU so ihre Rechnungen. PDF-Anhänge sind zwar ein Fortschritt; da man diese Dokumente jedoch häufig nicht nach Begriffen durchsuchen, digital unterschreiben oder automatisiert weiterverarbeiten kann, gibt es auch dort immer noch sehr viel Potenzial für Zeitersparnis und Nutzerfreundlichkeit. Je nach Anliegen und Versandart müssen Kunden/Kundinnen heute immer noch physische Dokumente in einem überquellenden Ablagesystem verstauen oder selbst einscannen oder am PC eine Antwort verfassen, ausdrucken, unterschreiben und physisch zurücksenden. Für die Unternehmen entstehen dabei mindestens genauso viel administrativer Aufwand und Medienbrüche. Bei einer Menge an 1.8 Milliarden physischen Briefzustellungen pro Jahr durch die Post, ohne Drittlieferanten, zeigt sich ein klarer Nutzen für ein digitales Postfach, über das Unternehmen und Privatkunden/-kundinnen all ihre Post abwickeln, digital miteinander kommunizieren und Dokumente intelligent aufbewahren und verwalten können. Das ist natürlich noch eine Vision, für deren Umsetzung zuerst eine kritische Masse an Nutzern/Nutzerinnen erreicht werden muss. Bis genug Unternehmen, Behörden und Private das Postfach nutzen, haben Teilnehmer/-innen trotzdem die Möglichkeit, ihre gesamte Post digital zu erhalten, indem die physische Post an eine zentrale Stelle gesendet wird, wo sie gescannt und digital im Postfach des/der Nutzers/Nutzerin abgelegt wird. Je mehr Nutzer/-innen auf das digitale Postfach umsteigen, desto stärker wird die Nutzung von Papier reduziert und die Nachhaltigkeit in der Lieferkette gefördert. Darüber hinaus wird der administrative Aufwand für Kunden/Kundinnen und Unternehmen reduziert.
Bereits jetzt kann das konkrete digitale Postfach von Peax, das Renato Gunc uns vorgestellt hat, im Sinne der Zielvision der vollständig digitalen Kommunikation über ein einziges Portal mithilfe von Partnerbanken um ein Multibanking-Angebot erweitert werden. Rechnungen, die im digitalen Postfach eingehen, werden direkt im Bereich Rechnungen abgespeichert und können dort von den Nutzer/-innen in einem Klick bezahlt werden. Das Auslesen der Zahlungsdaten funktioniert automatisch über Peax. Es ist eine Anbindung von mehreren Konten möglich, was eine optimale Kostenkontrolle für die Nutzer/-innen ermöglicht.
Eine der Voraussetzungen für eine vollständig digitale Kommunikation, die e-ID, ist in der Schweiz seit 2020 aufgrund der Corona-Pandemie und der E-Government-Strategie der Schweiz nun auch verstärkt im Parlament anzutreffen.
Chatbots (Sophie Hundertmark, HSLU)
Chatbots können ein wichtiges Instrument zur Informationsbeschaffung sein. Man stelle sich nur einmal vor, was für eine Errungenschaft ein Chatbot wäre, der beantworten kann, welche Coronamassnahmen in welcher Situation zur Anwendung kommen.
In einem der Referate des Smart Citizen Club hat Sophie Hundertmark eine Übersicht über Chatbots gegeben. Sie zeigte Einsatzmöglichkeiten von KI-basierten und regelbasierten Bots auf und erklärte, wie man einen Chatbot erstellt und was es dazu alles braucht.
Regelbasierte Bots folgen einem Baumdiagramm, d. h. dass der/die Nutzer/-in vor eine Wahl gestellt wird und sich hinter jeder Wahl neue, im Voraus programmierte Auswahlmöglichkeiten befinden, die mit jeder neuen Wahl Schritt für Schritt zur gewünschten Information führen – vorausgesetzt, die Entwickler/-innen des Bots haben die Frage vorhergesehen und den Chatbot im Voraus mit der entsprechenden Antwort ausgestattet.

Anhand von Beispielen aus der Gemeinde Dürnten und der SVA Aargau konnten die Teilnehmer/-innen verschiedene Chatbots ausprobieren und im Gespräch mit Sophie reflektieren und ihre Fragen stellen. Die Stärken von Chatbots sind eindeutig ihre einfache Bedienung und ihre permanente Erreichbarkeit. Die Integration von Bots ist sehr unterschiedlich, man kann sie in Slack, WhatsApp, Microsoft Teams oder auf einer Website positionieren. Um einen Bot umzusetzen, benötigt es den richtigen Use-Case. Man muss sich überlegen: Braucht man einen Chatbot und wie setzt man ihn sinnvoll ein? Wo fallen immer wieder die gleichen Fragen an, die automatisiert beantwortet werden können? Wenn man sich sicher ist, dass es einen Chatbot benötigt, ist es relevant, ein Team zusammenzustellen. Man braucht Personen für die externe Kommunikation, Smart Citizen, die ihre Bedürfnisse kommunizieren, Fachabteilungen, Informatik uvm. Wenn der Use-Case und das Team stehen, muss man sich fragen, was der Chatbot können muss. Was muss er von Beginn an können und wie kann der Chatbot erweitert werden? Im Hinblick auf die Technologie ist zu beachten, dass es evtl. verschiedene technologische Anbindungen benötigt und dass das Datenhosting an den Use-Case und dessen Anforderungen angepasst werden muss. Wenn der Chatbot gebaut ist, benötigt er einen Namen, man muss sich fragen, wer den Chatbot primär nutzt und in welcher Situation und welcher Tonalität er wirkt. Es zeigt sich, ein Chatbot benötigt einiges an Vorarbeit, um Kunden/Kundinnen relevante Informationen liefern zu können. Eine Beteiligung von Nutzer/-innen am Entwicklungsprozess ist also mehr als empfehlenswert.
Die Nationale Datenbewirtschaftung (Max Zurkinden, BfS)
Max Zurkinden vom Bundesamt für Statistik (BfS) hat uns Einsicht in die Nationale Datenbewirtschaftung gewährt und wie dadurch die gemeinsame Nutzung von Daten in der Schweiz ermöglicht wird. Das BfS ist ein Kompetenzzentrum für öffentliche Statistik auf Bundesebene. Es sammelt statistische Informationen in 21 Kategorien, von Bevölkerung, Umwelt über Mobilität und Gesundheit bis hin zu sozialen Entwicklungen in der Bevölkerung und Nachhaltigkeit. Diese Daten dienen als Informations- und Entscheidungsgrundlage für die demokratische Entscheidungsfindung. Und das nicht nur für andere Ämter oder für Regierung und Bundesversammlung; das Fundament für die Beteiligung eines/r jeden Bürgers/Bürgerin an der Demokratie sind fundierte Informationen, das Bundesamt für Statistik ist also auch ein wichtiger Akteur, der die Teilhabe aller Bürger/-innen an der Demokratie sicherstellt. Das BfS durchläuft zurzeit die digitale Transformation und entwickelt sich von einem reinen Statistikproduzenten zum Knotenpunkt und Kompetenzzentrum im Datenökosystem der öffentlichen Verwaltungen. Im Jahr 2020 wurden zwei neue Aufträge durch den Bundesrat delegiert, einerseits, die behörden- und, genereller, die organisationsübergreifende Nutzung von Daten aus der Schweiz zu ermöglichen, und anderseits, ein Kompetenzzentrum für Data Science aufzubauen und nicht nur wie bisher Daten zu erheben und zu visualisieren, sondern auf Basis dieser Daten Analysen durchzuführen und Berichte zu erstellen. Der erste Auftrag wird durch das «NaDB» Programm (Nationale Datenbewirtschaftung) abgedeckt. Im Programm NaDB geht es darum, das Once-Only-Prinzip umzusetzen, was bedeutet, dass Bürger/-innen Daten nur einmal an eine Organisation weitergeben müssen und diese dann im Anschluss bei Bedarf und entsprechender Autorisation an andere Organisationen weitergeleitet werden können, ohne dass die entsprechende Person sie erneut übermitteln muss. Bereits vorhandene Daten, die oftmals mehrfach in unterschiedlichen Formaten und mit unterschiedlichen Details vorliegen, sollen auf einer Interoperabilitätsplattform vereinheitlicht und zusammengeführt werden. Dabei werden neben Bundesbehörden auch Kantone und private Unternehmen in das Projekt miteinbezogen.
Das BfS erfasst im Programm NaDB die Meta-Daten und fördert ihre Bereitstellung über die bereits angesprochene Interoperabilitätsplattform. Durch den Datenaustausch wird die Entwicklung integrierter End-to-End-Services ermöglicht. Die Plattform ist nicht nur für Maschinen gebaut, sondern auch für Smart Citizen. Jeder soll über die Plattform einsehen können, welche Daten bei welchen Unternehmen, Verwaltungen usw. eingesehen werden können. Die Plattform wurde diesen Sommer veröffentlicht und bietet eine Suchfunktion für die Meta-Daten, aber auch Nomenklaturen. In einer ersten Etappe werden fünf Pilotprojekte umgesetzt:
- Berufsnomenklatur
- Spitalstationäre Gesundheitsversorgung
- Steuerdaten
- Lohnstatistik
- Qualitätssicherung von Unternehmensstammdaten
Durch die Meta-Daten können neue Services geschaffen werden z. B. der Sviz Graph (siehe Abb. 2.). Der Sviz Graph ist ein experimentelles Instrument, mit welchem sich komplexe Netzwerkstrukturen visualisieren lassen, zum Beispiel Vorhaben, Motionen und Gremien im Bereich der Digitalisierung sowie deren Verbindungen in der Bundesverwaltung. Durch die Darstellung der Beziehungen zwischen Daten/Datensätzen erleichtert der Graph das Verständnis komplexer Zusammenhänge und erleichtert das Auffinden und die Interpretation von Daten. Ein anderer Service ist die Bereitstellung von Berufsnomenklaturen für Unfallversicherungen oder Arbeitsvermittlungen. So können die Unternehmen in einem Katalog nachschauen, welcher Beruf sich hinter verschiedenen, teils recht ausgefallenen Stellenbezeichnungen verbirgt. Darüber hinaus können Arbeitgeber über die Berufsnomenklatur schnell herauszufinden, ob ein Beruf der Stellenmeldepflicht unterliegt oder nicht. Dies ist nur möglich durch die gemeinsame Verwaltung und hohe Qualität der Meta-Daten. Es eröffnen sich damit neue Möglichkeiten in der Servicegestaltung unter Einbezug von Hochschulen, Unternehmen und Bürgern/Bürgerinnen, die Entlastung sowie Zeit- und Kostenersparnis schaffen können.

Die Digitalisierung (Nicolas Bürer, digitalswitzerland)
2020 war das Jahr der Digitalisierung. 2021 ist das Jahr des Übergangs zu einer neuen Normalität. Man kann davon ausgehen, dass innerhalb von 1 bis 2 Jahren ein sehr grosser Sprung bei der Adoption digitaler Technologien bei Verbrauchern und Unternehmen stattfinden wird. Bis 2025 werden wir einen rasanten Anstieg der Technologien und der von Maschinen statt von Menschen ausgeführten Aufgaben erleben, jedoch auch ganz neue Berufe. Durch neue Technologien, wie z. B. die Blockchain, entstehen neue Beziehungen, die auf der Grundlage von Transparenz und Vertrauen aufbauen und uns befähigen, neue Technologien gezielt nach ethischen Standards einzusetzen. Die Digitalisierung schafft somit eine nachhaltigere Gesellschaft und Wirtschaft, wenn sie richtig genutzt wird. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit wird der Schlüssel zur Differenzierung sein und Business Ecosystems sind wichtiger Bestandteil der Wachstumsstrategie von Unternehmen. Die monopolistischen Märkte im Bereich (Internet-, Daten- und Plattformunternehmen) wie z. B. Facebook und Google, werden ihre Position ausbauen und die Ungleichheit nimmt zu. So ist es relevant für alle Bürger/-innen, bereit zu sein, zu lernen, sich Wissen anzueignen und sich durch Wissen einen Vorsprung zu verschaffen. Denn durch die Digitalisierung verschiebt sich der Arbeitsmarkt sehr schnell und 65 % der heutigen Kinder werden Berufe ausüben, die noch nicht erfunden sind. In einem Land wie der Schweiz mit drei Elementen: Bergen, Infrastruktur und Bildung, sind wir trotzdem eine wichtige Drehscheibe für Talente weltweit.

Das digitale Ecosystem (Markus Schegg, itsbusiness AG)
Durch die Digitalisierung werden neue Services möglich, dadurch verändern sich allerdings auch die Anforderungen der Kunden/Kundinnen an Dienstleistungen. Wer sich als Unternehmen nicht digitalisiert, läuft schnell Gefahr, seine Kundschaft an andere Unternehmen zu verlieren, während Einwohner/-innen, die sich mit digitalen Technologien nicht auskennen, an den Vorzügen der Digitalisierung nicht teilhaben können. Aus diesem Grund hat der Kanton Thurgau den Verein “smarter Thurgau” ins Leben gerufen, der dafür sorgen soll, dass der Kanton auch in Zukunft ein attraktiver Wohn-, Lebens- und Arbeitsort bleibt – durch Digitalisierung in den Bereichen Bildung, Energie, Sicherheit & Gesundheit und Wirtschaft. Beispielhafte Projekte aus diesen Bereichen sind die Bereitstellung einer Aus- und Weiterbildungsplattform für Unternehmen, vor allem für KMU, die Entwicklung einer umfassenden Ökobilanz für Gemeinden, die Vernetzung smarter Services, um älteren Menschen ein selbstbestimmtes Leben im eigenen Zuhause zu ermöglichen und nicht zuletzt die digitale Plattform meinthurgau.ch, die lokalen Unternehmen eine digitale Infrastruktur für die Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle zur Verfügung stellen möchte. Im Mittelpunkt von meinthurgau.ch stehen der Umgang mit und die Verwendung von Daten, die Mitarbeiter befähigen, Produkte zu transformieren, Betriebe zu optimieren und Kunden zu beteiligen. Die Plattform stellt Unternehmen zum einen einen Marktplatz zur Verfügung, über den sie mehr Kunden erreichen können als mit ihrem bisherigen, analogen Vertriebsmodell. Zum anderen können sie sich über die Plattform aber auch mit anderen Unternehmen vernetzen, um gemeinsam innovative Services zu entwickeln und anzubieten. Darüber hinaus möchte die Plattform sich zu einer Multiservice-Plattform weiterentwickeln und Unternehmen, wie oben bereits angesprochen, unter anderem auch Aus- und Weiterbildungsservices anbieten. Über das Business Ecosystem meinThurgau ist aber auch eine digitale Mitsprache von Bürgern und Bürgerinnen möglich. So wird ein Beitrag geleistet zur Förderung der Attraktivität der Arbeits- und Lebensqualität im Kanton. Es werden neue, digitale Produkte, Services und Dienstleistungen angeboten und Geschäftsmodelle erweitert/aufgebaut, welche neue Kooperationsformen umfassen. Das Business Ecosystem meinThurgau schafft Zugang zu neuen und digitalen Technologien und fördert Innovation und Differenzierung.
Die Blockchain (Roger Heines, BEI SG)
Der Stromverbrauch von Bitcoin ist doppelt so hoch wie der gesamte Stromverbrauch der Schweiz(siehe Abb. 4.). Kryptowährungen sind ohne Zweifel enorme Stromfresser. Oder?

Sollte man diese Zahle so miteinander vergleichen? Tatsächlich ist der Stromverbrauch – neben Kursschwankungen – eine der grossen Herausforderungen der Bitcoin-Blockchain, die den Proof of Work nutzt und beim sogenannten Mining auf den Einsatz von (viel) Rechenleistung angewiesen ist, um Transaktionen zu validieren und neue Blocks zu generieren. Die Bitcoin-Blockchain ist allerdings nur eine von vielen Blockchains und es gibt durchaus andere Validierungsmechanismen, die weniger oder keinen Strom verbrauchen. Darüber hinaus kann der Einsatz der Blockchain auch zu mehr Nachhaltigkeit führen. Mit der Blockchain-Anwendung The Energy Origin können Nutzer/-innnen erneuerbarer Energien zweifelsfrei nachverfolgen, woher die Energie stammt, die sie nutzen. Wie genau das funktioniert, könnt Ihr am Ende des Beitrags in Notiz[1] nachlesen. Eine weitere auf der Blockchain basierende Applikation für mehr Nachhaltigkeit ist die Swiss Climate Challenge App, die Nutzern/Nutzerinnen anzeigt, wie viel CO2 sie durch ihre Art der Fortbewegung (mit dem Auto, zu Fuss etc.) verbrauchen. Klimafreundliches Verhalten wird mit einer Kryptowährung, dem sogenannten Green Coin, einem von der PostFinance ausgegebenen Stablecoin, belohnt. Die Kryptowährung kann auf dem Marktplatz der Swiss Climate Challenge für den Erwerb nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen genutzt werden. Ein anderes Projekt ist das intelligente Stromnetz Brooklyn Microgrid in New York, bei dem Besitzer von Solarzellen die von ihnen produzierte Energie über eine Blockchain handeln können, und auch für den Handel mit CO2-Zertifikaten gibt es bereits Pilotprojekte. Ob sich dieser Einsatz zukünftig breiter gestaltet, ist noch unklar. Es gibt viele Use Cases doch wenige Business Cases, die einen Anstieg von Projekten rechtfertigen würde. Die Interoperabilität zwischen Blockchain-Anwendungen ist ein grosses Plus, welches sich auch im Bereich des elektronischen Patientendossiers wiederfinden könnte. Eine disruptive Veränderung in der Energiebranche findet wahrscheinlich jedoch eher nicht statt. Im Bereich von automatisierten manipulationsfreien Kontrollen, wie z. B. der Einhaltung von Qualitätsstandards oder Gütekriterien in Wertschöpfungsketten, ist Blockchain ein vielversprechendes Element. So ist auch die Anwendung bei digitalen Identitäten oder eVoting möglich. Ein konkreter Fall ist auch die Nachverfolgung von Spenden und Entwicklungshilfen, um Korruption vorzubeugen. Diese Cases würden Nachhaltigkeit der Prozesse und Transparenz schaffen.
Ausblick
Die Inputreferate der einzelnen ExpertInnen haben einen sehr spannenden Überblick über die Themen geschaffen und zeigen die Relevanz jedes einzelnen Bereichs auf. Es gilt diese Elemente weiterzuentwickeln und miteinander zu verbinden. So ist z.B. die Nationale Datenbewirtschaftung ein mögliches Element, welches es mit Blockchain Technologie verbinden zu gilt, um Manipulationssichere Daten zu bewirtschaften. Oder der Chatbot findet Einsatz im Bereich von kantonalen Plattformen wie «meinThurgau» um die ePartizipation zu verstärken. Solche und weitere zukunftsrelevante Cases sind Bestandteil der Smart Citizen und bedingen kontinuierliche Weiterentwicklung und Methoden, Modelle, um diese zu bewerkstelligen.
Falls Ihr Euch näher mit dem Thema Smart Citizen beschäftigen möchtet oder noch Fragen habt, dann werft gerne einen Blick in unsere Trendstudie Smart Citizen 2020 oder schickt mir eine E-Mail an joel.eugster@bei-sg.ch.
[1] Beispielprozess Zertifizierung von Herkunftsnachweisen für Strom:
Der Analgenbetreiber initiiert die Eröffnung eines Kontos, der Smart Contract erhält die Standortdaten, Kontakt- und Unternehmensinformationen und der Anlagenbetreiber wird als Akteur auf der Blockchain eingetragen. Er eröffnet nun die Anlage und legt die technischen Daten an. Diese werden wiederum als Smart Contract «Anlagenstammdaten» eröffnet. Der Verteilnetzbetreiber bestätigt die Anlagenstammdaten und es gibt einen Eintrag der Anlagenstammdaten auf der Blockchain. Die Involvierten vereinbaren den Energiebezug und es entsteht ein Eintrag der Vereinbarung auf der Blockchain. So werden für erzeugten Strom Tokens generiert, die Erzeuger und Verbraucher auf der Blockchain austauschen können. Die Idee dabei ist, dass aus den Informationen ein digitaler Fingerabdruck erstellt wird, ein sogenannter Hash. Ein Hashwert kann generiert werden, indem eine Hash-Funktion auf die Dokumentinformationen als Input angewendet wird. Die sich ergebende Zeichenfolge nennt man Hashwert. Wenn der Input, d. h. der Inhalt des Dokuments, minimal ändert, so ändert sich auch der Hashwert. Dieser Hashwert ist wenige Kilobyte gross und wird auf der genutzten verteilten Datenbank gespeichert (z. B. Blockchain). Wenn man schauen möchte, ob eine Information stimmt, wendet man dieselbe Hash-Funktion auf das entsprechende Dokument an und vergleicht den Hashwert mit dem, der auf der Blockchain gespeichert wurde.. Diesen Vergleich nennt man Mapping. Der Smart Contract gibt die Vertragsregeln vor, wie die Informationen abgespeichert und verarbeitet werden. Die Art und Weise der Datenverarbeitung ist dezentral, es können auch zusätzlich weitere Daten in der Datenbank auf der Blockchain gespeichert werden, um die Transparenz zu erhöhen.
Quelle: Philipp Richard, Sara Mamel, und Lukas Vogel, „Blockchain in der integrierten Energiewende“ (Berlin: Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena), 2019), https://www.dena.de/fileadmin/user_upload/dena-Studie_Blockchain_Integrierte_Energiewende_DE4.pdf.
Zusätzlich verwendete Quellen
Zur Blockchain:
Deshmukh, Sumedha. „3 Ways Blockchain Can Accelerate Sustainable Development“. World Economic Forum, 27. September 2020. https://www.weforum.org/agenda/2020/09/3-ways-blockchain-can-contribute-to-sustainable-development/.
Jostock, Markus. „Blockchain in der Food Supply Chain Grundlagen, Praxisbeispiele, Perspektiven“. DLG-Expertenwissen. Frankfurt am Main: DLG e.V. Fachzentrum Lebensmittel, Juni 2019. https://www.dlg.org/fileadmin/downloads/lebensmittel/themen/publikationen/expertenwissen/ernaehrung/2019_6_Expertenwissen_Blockchain.pdf.
Richard, Philipp, Sara Mamel, und Lukas Vogel. „Blockchain in der integrierten Energiewende“. Berlin: Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena), 2019. https://www.dena.de/fileadmin/user_upload/dena-Studie_Blockchain_Integrierte_Energiewende_DE4.pdf.
Zimmermann, Guido. „Wie kann Blockchain zur Nachhaltigkeit beitragen? Qualitätskontrolle, ESG-Kriterien und DLT-Green Bonds“. LBBW, 27. Mai 2021. https://www.lbbw.de/konzern/research/2021/blickpunkte/20210601-lbbw-research-blockchain-nachhaltigkeit_ac32t36y6h_m.pdf.
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