![](https://cc-bei.news/wp-content/uploads/2016/04/Fotolia_108349322_XS.jpg)
Kundenzentierte Komposition komplexer Dienstleistungen
Digitalisierung ermöglicht einen höheren Grad an Self-Service. Doch wo liegen die Grenzen der Selbstbedienung? Dieser Fragestellung gehen Stephan Sachse und Prof. Dr. Rainer Alt im aktuellen Artikel „Kundenzentrierte Komposition komplexer Dienstleistungen“ nach. Der Artikel betrachtet den Aspekt der „Selbstberatung“, d.h. selbstständigen Auswahl und Zusammenstellung von Dienstleistungen durch den Konsumenten als Ausgangspunkt für kundenzentrierte Märkte. Ein Experiment bestätigt, dass die Übertragung kundenzentrierter Denkweisen auf die IT hohe Potenziale aufweist und IT einen geeigneten Enabler für kundenzentrierte Infrastrukturen darstellt.
Im digitalisierten Dienstleistungssektor stellen Kunden selbstständig Services zu individualisierten Lösungen zusammen. Der Schlüssel für die kundenzentrierte Dienstleistungskomposition in komplexen Domänen liegt in der Vorverkaufsphase und im Verständnis über den Entscheidungs- und Denkprozess des Kunden. Anhand eines Feldexperiments untersucht der Artikel drei Fragestellungen bezüglich der kundenzentrierten Dienstleistungskomposition:
- Sind Kunden in der Lage sich selbstständig Dienstleistungsbündel in komplexen Domänen zusammenzustellen?
- Sind Kunden gewillt den Prozess der kundenzentrierten Dienstleistungsbündelung zu durchlaufen?
- Stiftet eine kundenzentrierte Dienstleistungskomposition Kunden einen vergleichbaren oder höheren Nutzen als eine produktzentrierte Komposition?
Wenn der Kunde im Mittelpunkt steht, dann muss er auch in der Lage sein die ihn umgebende Vielfalt und Komplexität zu steuern und zu verwalten. Je einfacher Systeme für den Anwender gestaltet sind, desto höher ist die Akzeptanz. Die Kundenzentrierung ist in der Serviceindividualisierung als Maßnahme zur Komplexitätstransformation zu verstehen, die es erlaubt, die Komplexität gegenüber dem Kunden zu verringern. Das erfordert jedoch Anstrengungen im Backend: Je weniger Informationen der Anwender liefert, desto mehr Annahmen und Modelle bedarf es in der Programmlogik, um dies zu kompensieren.
Faktoren wie Schnelligkeit, Verständlichkeit und Bequemlichkeit haben an Bedeutung gewonnen. Während produktzentrierte Dienstleistungsverzeichnisse oftmals in Form von Katalogen dargestellt werden, besitzt die kundenzentrierte Dienstleistungskomposition die Möglichkeit, dem Kunden passende Dienste entsprechend seiner Präferenzen vorzuschlagen. Durch eine verbesserte User Experience ergibt sich eine höhere Nutzungsbereitschaft beim Anwender.
Produktzentrierte Komposition verfolgt das Ziel, dass der Kunde die Produkte findet, nach denen er explizit sucht. Angesichts der zunehmenden Überforderung des Kunden bei der Selektion komplexer Dienstleistungen, erwartet der Kunde jedoch vielmehr passende Services zu entdecken, d.h. vorgeschlagen zu bekommen. Basierend auf einem Vorschlag, der die individuellen Präferenzen berücksichtigt, kann das vermeintliche Paradoxon aufgelöst werden, dass der Kunde sich in einer Domäne, in der er selber geringe Expertise besitzt, eigenständig Lösungen zusammenstellt.
Der Bericht zeigt, dass das Potenzial kundenzentrierter Denkweisen im Dienstleistungsbereich, insb. hinsichtlich der Dienstleistungskomposition, vorhanden ist. Überraschend ist die Erkenntnis, dass es nicht zwingend sinnvoll ist „mehr“ zu fragen, stattdessen sollte „besser“ gefragt werden. Damit bestätigen die Daten nicht nur, dass es Konsumenten in der Vorverkaufsphase tendenziell leichter fällt, sich selbst zu beschreiben als Produkte auszuwählen, sondern sie zeigen darüber hinaus, dass durch kundenzentrierte Dienstleistungskomposition auch die die Qualität des Leistungsbündels steigt.