Gestaltung von Dienstleistungen für EinwohnerInnen im Competence Center Smart Citizen – Machen Sie mit!

Das Konzept der Smart City ist nicht neu – bereits seit Jahren versucht die öffentliche Verwaltung, ihre Prozesse mithilfe fortgeschrittener Informations- und Kommunikationstechnologien effizienter zu gestalten. Erste Errungenschaften sind zum Beispiel intelligente Strassenlampen oder Mülleimer, die für eine energiesparende bzw. eine saubere Stadt sorgen und einen ersten Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen sozialen, ökologischen und ökonomischen Entwicklung des urbanen Raums darstellen, laut Portmann & Finger (2015) das eigentliche Ziel einer Smart City. Trotz erster Erfolge bleibt ein entscheidender Faktor für die Effektivität eines Smart-City-Projekts bislang grösstenteils unberücksichtigt: Die künftigen Nutzer der Lösungen, die EinwohnerInnen, werden nur selten in die Servicegestaltung miteinbezogen. Dabei sollte der eigentliche Erfolg eines Smart-City-Projekts nicht ausschliesslich an den Kosteneinsparungen für öffentliche Verwaltungseinheiten bemessen werden, sondern an seinem Beitrag zur zuvor erwähnten urbanen Entwicklung – und über den entscheiden durch ihre Nutzung am Ende oft die EinwohnerInnen (Portmann & Finger, 2015).  An dieser Stelle setzt die Arbeit des Competence Centers Smart Citizen an.

Die erweiterte Sicht des «Smart City»-Konzepts

Das Konzept «Smart City» fokussiert sich mehrheitlich auf die Nutzung neuer Technologien, d. h. mithilfe von intelligenten Tools sollen Daten gesammelt, analysiert und genutzt werden, um bestehende Prozesse in Städten zu optimieren. Intelligente Strassenlampen reagieren beispielsweise auf Bewegungen, so dass Licht nur gegeben wird, wenn jemand oder etwas (z. B. Auto, Bus) unterwegs ist. So kann Energie in Form von Strom gespart und zeitgleich die Lebensqualität der BewohnerInnen, die in der Nähe von Strassenlampen leben, durch die effiziente Nutzung der Lichtquelle erhöht werden – insbesondere in der Nacht ist es von Vorteil, wenn Strassenlampen nicht immer leuchten. Es werden in erster Linie Prozesse einer Stadt adressiert, da diese zum einen mit der Herausforderung der Urbanisierung konfrontiert sind und schnelle Lösungen benötigen und zum anderen meist über das entsprechende Budget für solche Innovationen verfügen. Solche Smart-City-Lösungen werden von den Initianten häufig im Sinne der EinwohnerInnen gestaltet, jedoch ist die Zielgruppe selten bei der Lösungsgestaltung dabei. Daher baut das Konzept «Smart Citizen» auf den bestehenden Bestrebungen einer Smart City auf und erweitert sie, indem sie gezielt EinwohnerInnen sowie auch ländliche Regionen (und städtische Agglomerationen) miteinbindet.

Wir sind überzeugt, dass Dienstleistungen, die zu einer nachhaltigen sozialen, ökologischen und ökonomischen Entwicklung des Lebensraums führen, in einer Public-Private-People-Partnership entwickelt und implementiert werden müssen. Public steht hierbei für die öffentliche Hand (Behörden, Hochschulen, etc.), Private für die Privatwirtschaft (u. a. Unternehmen, KMU, Start-ups) und People sind die EndnutzerInnen der Dienstleistungen, in diesem Fall die EinwohnerInnen. Neue Modelle werden gefragt sein, die diese Zusammenarbeit (Partnership) ermöglichen. Dafür setzen wir uns ein. Zudem sind wir der Meinung, dass nicht nur im Kontext einer Stadt nach intelligenten Lösungen gesucht werden sollte, sondern auch in den angrenzenden Agglomerationen, Gemeinden und Dörfern. So bildet sich ein geeignetes wirtschaftliches Ecosystem für die Entwicklung, Bearbeitung und Umsetzung innovativer Services zur Steigerung der Lebensqualität der EinwohnerInnen.

Von einer Smart City zu einer Smart Citizen Perspektive

Das Competence Center Smart Citizen hat sich das Ziel gesetzt, alle Beteiligten bei der Entwicklung solcher Ecosysteme und der Konzeption und Umsetzung von neuen Dienstleistungen für die EinwohnerInnen zu unterstützen.

Das Competence Center Smart Citizen

Unsere Vision ist es, die Smart-City-Bewegung im Sinne von uns EinwohnerInnen voranzubringen, indem wir die Zusammenarbeit von Unternehmen, Behörden, Hochschulen und EinwohnerInnen im Rahmen konkreter Vorhaben stärken und so die Entwicklung nachhaltiger Dienstleistungen fördern. Dazu wenden wir die aus der Privatwirtschaft bekannte Methodik der Konsortialforschung an. Bei der Konsortialforschung entwickelt ein Konsortium, d. h. in diesem Fall ein Zusammenschluss von öffentlichen Einrichtungen und privaten Unternehmen, gemeinsam mit Forschungspartnern Referenzmodelle, Methoden und Prototypen (Österle & Otto, 2010), die sie dazu befähigen, zusammen mit den betroffenen EinwohnerInnen Dienstleistungen für die Zukunft zu bauen. Mögliche Vorhaben sind eine Ökobilanz oder ein Kommunalportal. Das letztere zielt darauf ab, den EinwohnerInnen eine Plattform zu bieten, auf welcher sie digitale Dienstleistungen (z. B. Handelsregisterauszug bestellen, Steuern eingeben) einfach, übersichtlich und mit einem einzigen Profil (d. h. über eine eindeutige Identifikation) erschliessen können. Damit eine solche Plattform, aber auch andere Lösungen erfolgreich in einer Gemeinde oder Stadt eingeführt werden können, bedarf es der Akzeptanz und der Bereitschaft zur Nutzung durch die EndnutzerInnen.  Daher sollen diese in öffentlichen Workshops, Online-Umfragen und Diskussionspanels die Möglichkeit erhalten, an solchen Vorhaben direkt mitzuwirken. So können sie MitentwicklerInnen bestimmter Lösungen sein oder Prototypen auf ihre Tauglichkeit und Usability testen, wodurch das Konsortium relevante Inputs für die Gestaltung neuer Dienstleistungen erhält. Wir sind überzeugt, dass wir gemeinsam Dienstleistungen entwickeln können, die unser Zusammenleben verbessern – dafür setzen wir uns ein!

Aufbauphase 2020

Das Competence Center Smart Citizen befindet sich zurzeit in der Aufbauphase. Um herauszufinden, welche konkreten Vorhaben ab 2021 im Konsortium adressiert werden sollen, führen wir 2020 eine Studie durch. Darin sollen auch die Beweggründe für und Herausforderungen bei der Beteiligung öffentlicher oder privater Organisationen an Smart-Citizen-Vorhaben erhoben werden, damit sich Ecosysteme bilden können, die auf die individuellen Bedürfnisse und Ziele aller TeilnehmerInnen eingehen. Die Bedürfnisse der EinwohnerInnen erheben wir in einem ersten Schritt mithilfe einer Online-Umfrage; zeitgleich führen wir mit ExpertInnen aus öffentlicher Verwaltung und Privatwirtschaft Interviews durch, um tiefere Einblicke zu Themen wie Nachhaltigkeit und Digitale Ethik in künftigen Dienstleistungen zu erhalten und wesentliche Anforderungen an die Gestaltung künftiger Services zu erheben. Die Sammlung von Wahrnehmungen und Wünschen von EinwohnerInnen gekoppelt mit der Expertise der Befragten aus den Interviews ermöglicht es uns, ein breites Meinungsbild der Schweizer Bevölkerung abzubilden und auf dieser Grundlage das Competence Center Smart Citizen im Januar 2021 mit konkreten Vorhaben zu starten.

Helfen Sie mit!

Nehmen Sie an der Online-Umfrage teil und gestalten Sie mit uns die Dienstleistungen von morgen. Für die Teilnahme ist kein Vorwissen erforderlich; uns geht es darum, zu erfahren, was Ihnen als EinwohnerIn Ihrer Stadt, Ihrer Gemeinde oder Ihres Kantons bei der Nutzung von Dienstleistungen wichtig ist. Die Umfrageresultate veröffentlichen wir 2021 zusammen mit darauf aufbauenden Interviews mit ExpertInnen aus Privatwirtschaft, öffentlicher Hand, Politik und Forschung in unserer Studie. Sie bildet die Grundlage für unsere Forschung für die Jahre 2021/22. Als Dankeschön erhalten Sie die aufbereitete Studie und sind herzlich eingeladen, dabei zu sein, wenn wir die Ergebnisse beim ersten Diskussionspanel im Jahr 2021 vorstellen.

Kontakt

Sie möchten mehr über das Competence Center Smart Citizen erfahren oder sind an einer Mitgliedschaft interessiert? Dann melden Sie sich bei Sara D’Onofrio (sara.donofrio@bei-sg.ch). Weitere Informationen finden Sie auch unter: www.ccsmartcitizen.ch.


Literatur

Österle, H., Otto, B. (2010) Konsortialforschung: Eine Methode für die Zusammenarbeit von Forschung und Praxis in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatikforschung. Wirtschaftsinformatik: WI, 52 (5). 273-285. ISSN 0937-6429.

Portmann, E., Finger, M. (2015) Smart Cities – Ein Überblick! HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, 52. 470-481. https://doi.org/10.1365/s40702-015-0150-4

Sara D'Onofrio

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