Erkenntnisse des Open Banking Summit 2022

«Finanzindustrie trifft BigTech». Am Donnerstag, dem 25.08.2022, öffnete der Open Banking Summit 2022 in den Veranstaltungsräumen von Google Cloud in Zürich seine Pforten. Das OpenBankingProject.ch veranstaltete diesen Event bereits zum dritten Mal und sorgte wie jedes Jahr für ein abwechslungsreiches Get-together zum Thema Open Banking. Dabei wurden nationale und internationale Erfolgsgeschichten aufgegriffen und in der anschliessenden Paneldiskussion ausgewählte Themen und Fragen der Zuschauenden reflektiert und diskutiert. Auch dieses Jahr versammelten sich wieder rund 120 Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger der Schweizer Finanzbranche, um sich über aktuelle Entwicklungen zu informieren und sich beim anschliessenden Apéro zu vernetzen.

Doch der Reihe nach… Gastgeber Roi Tavor (Managing Director Google Cloud Austria & Switzerland) sprach zur Begrüssung ein paar einleitende Worte über die Relevanz des Open Banking für den globalen Technologiekonzern. Das Ziel, welches das Unternehmen mit seinem datengetriebenen Geschäftsmodell verfolgt – nämlich, den Kunden in den Mittelpunkt der Leistungserbringung zu stellen und ein bestmögliches Kundenerlebnis zu schaffen –, sollte auch für die Finanzindustrie gelten.

An diesem Verständnis knüpfte Thomas Zerndt (CEO Business Engineering Institute St. Gallen) bei seiner Vorstellung des OpenBankingProject.ch an. Laut Definition ermöglicht Open Banking dem Endkunden, seine persönlichen Finanzdaten über offene Schnittstellen verschiedenen Banken, Finanzdienstleistern oder FinTechs zugänglich zu machen. Es erleichtert die Bildung digitaler Ecosysteme, schafft eine grössere Nähe zum Kunden und hilft, neue Geschäftsmodelle zu erschliessen.

Im Anschluss gab Marie Walker (Co-founder & Head of Content Open Future World) einen Überblick über die weltweiten Entwicklungen im Kontext von Open Banking, insbesondere aus Grossbritannien, Australien, und den USA. Grundsätzlich lässt sich ein Trend hin zur Öffnung der Finanzindustrie beobachten. Jedoch ist das Konzept in den verschiedenen Ländern unterschiedlich ausgeprägt. Die Diskussion geht oftmals über Open Banking hinaus. Ein Übergang hin zu Open Finance und Open Data ist erkennbar. Hierbei sollte nicht nur ein regulatorischer oder technischer, sondern insbesondere ein kundenzentrierter und industrieübergreifender Ansatz verfolgt werden, welcher alle Akteure angemessen mit einbezieht. Nach einer Übersicht zum Entwicklungsstand der verschiedenen Länder und Einblick in die interessantesten Anwendungsfälle, wie Account Aggregation, Cashflow Management und Invoicing für SMEs, präsentierte Marie uns ihr Resümee. Open Banking ist kein kurzfristiges Phänomen und mittelfristig nicht mehr wegzudenken. Es eröffnet neue Chancen und letztendlich ist es wie bei jeder Innovation ein Lernprozess. Unternehmen sollten sich daher besser früher als später über ihre Positionierung im Klaren sein.

Als nächste Referentin teilte Ana Climente (Head of Open Banking Spain, BBVA) ihre Erfahrungen aus fünf Jahren Open Banking bei der BBVA. Ausgangspunkt der Open-Banking-Bestrebungen der BBVA waren wachsende Kundenanforderungen und neue Bedürfnisse der Nutzer, zum Beispiel nach Finanzdienstleistungen von überall in Echtzeit, Interaktionen über verschiedenste Kanäle, und End-to-End-digitalisierten Kundenerlebnissen. Diese kundenseitigen Trends haben in den vergangenen Jahren zum exponentiellen Wachstum von Open-Banking-Services in Europa beigetragen. Zum Teil lässt sich dieses Wachstum auf PSD2 zurückführen; die Services weisen jedoch auch Funktionalitäten auf, die weit über Payments hinausgehen. In diesem Kontext spielt der Aufbau von digitalen Ecosystemen eine zentrale Rolle. Dabei wird der gesamte Lebensbereich (z. B. Wohnen, Mobilität, Gesundheit) eines Kunden angeschaut, um so gemeinsam mit Partnern ein möglichst durchgängiges und komfortables Kundenerlebnis zu ermöglichen. Aber gibt es die eine Strategie für ein erfolgreiches Open Banking? „Man sollte First Mover sein, grundsätzlich wagen und bereit sein zu lernen“, erklärt Ana. Darüber hinaus soll man vom Kunden lernen und starke Beziehungen zu Partnern aufbauen. In Verbindung mit einem „API-First Mindset“ nicht aus technischer, sondern aus strategischer Sicht und einem Fokus auf die Zusammenarbeit kann so nachhaltiger Mehrwert geschaffen werden.

In einem weiteren Vortrag teilte Oliver Dlugosch (CEO and Co-Founder, ndgit) seine Erkenntnisse aus der Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren aus Sicht eines API-Plattformanbieters. Auch Oliver betonte, wie relevant APIs für das fast exponentielle Wachstum der letzten drei Jahre gewesen sind. „Den Wunsch, es dem Kunden zu ermöglichen, andere auf seine Daten zugreifen zu lassen“ und die damit verbundene Nachfrage nach Services sieht er als zentrale Treiber von Open Banking. Mehr als die Hälfte der Nutzer ist bereit, ihre Daten zu teilen, wenn der Mehrwert für sie klar kommuniziert wird. Des Weiteren lassen sich zwei Bereiche für Umsatzpotentiale durch Open Banking beobachten. Zum einen Infrastruktur oder Produkte in Form eines Banking-as-a-Service-Ansatzes, wie beispielsweise bei der Solaris Bank. Zum anderen der Aufbau von digitalen Banking-Ecosystemen, die die individuellen Kunden ins Zentrum der Servicegestaltung stellen.

Im letzten Vortrag vor der Paneldiskussion präsentierte Thomas Zerndt (CEO Business Engineering Institute St. Gallen) ausgewählte Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus der Umfrage „Open Banking in der Schweiz“, welche im September als Studie veröffentlicht wird. Es gibt eine grundlegende Übereinstimmung unter den Befragten, was mit Open Banking erreicht werden soll. Allerdings bewerten die Umfrageteilnehmer eine Vielzahl unterschiedlicher Use Cases als relevant, sodass wir zukünftig unterschiedliche Ausprägungen und Schwerpunktsetzungen sehen dürften. Die Umfrage soll die Relevanz des Open Banking in der Schweiz aufzeigen und kann eine erste Orientierung zu aktuellen Entwicklungen geben. Im Anschluss an die Durchführung der Umfrage, die von mehr als 180 Banken, Technologieprovidern, Fintechs, und Beratungsnehmen beantwortet wurde, wurden die repräsentativen Ergebnisse in ausgewählten Experteninterviews vertieft. Als erstes wurden die Erkenntnisse zum Verständnis von Open Banking beleuchtet. Die Teilnehmer sehen in Open Banking vor allem eine Vereinfachung der Kollaboration zwischen Banken und Third-Party-Providern. Obwohl Open Banking auch als regulatorisch getriebene Öffnung der Banken verstanden werden kann (z. B. PSD2), verbinden die Befragten Open Banking eher mit dem selbstbestimmten Umgang der Endkunden mit ihren Daten und der damit verbundenen Innovation. Alle Zielgruppen, Fintechs, Bankkunden, Provider und Banken, können dabei voneinander profitieren. Doch welcher Use Case verfügt über das grösste Potenzial? Die hohe und zielgruppenübergreifende Zustimmung der Befragten zu allen 15 in der Umfrage enthaltenen Use Cases von der Initiierung von Zahlungen über Open Wealth bis hin zum Abschluss einer Hypothek impliziert, dass es nicht den einen Open Banking Use Case geben wird.

Mit diesen Ergebnissen ging es dann auch zum letzten Programmpunkt des Abends, welcher abschliessend nochmals sehr spannende Impulse, Anregungen und Denkanstösse lieferte. Dr. Stefanie Auge-Dickhut (Head Competence Center Ecosystems, Business Engineering Institute St. Gallen), Manuel Kunzelmann (CEO, Migros Bank), Roi Tavor und Ana Climente vertieften die Thematik in einer abwechslungsreichen Diskussion, welche von Oscar Neira moderiert wurde. Den Auftakt machte Stefanie Auge-Dickhut, indem sie nochmals die Relevanz des Endkunden hervorhob: «Kunden wollen keine Produkte, sondern integrierte Services. Man muss sich öffnen. Banken haben einiges an Potential, man hat erst angefangen». Ana Climente fügte hinzu, dass Kunden ihr Verhalten grundlegend verändert haben und die Entwicklung für Banken unvermeidlich ist. Dennoch sollte bei den Debatten berücksichtigt werden, dass Open Banking nur ein Mittel zum Zweck ist. Manuel Kunzelmann erklärte, dass der Datenschutz ein treibendes Element ist. Bei der ganzen API-Diskussion sollte man aber nicht die Profitabilität aus den Augen verlieren. Standardisierung ist hier ein Mittel, um beispielsweise die Prozesskosten zu senken. Roi Tavor betonte, vom Kunden aus zu denken. Open Banking ist nicht relevant, solange man keinen Kundennutzen aufzeigen kann und eine Monetarisierung fehlt.

Diese und viele weitere Diskussionen konnten beim anschliessenden Apéros Riche in der entspannten Atmosphäre der Location fortgeführt werden. «Save the date»: Der nächste Open Banking Summit findet am Donnerstag, 24.08.2023, im Raum Zürich statt.Mehr Informationen gibt es unter www.obp.ch.


Roger Heines
Stefan Knaus

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