Erfolg bei der Kooperation: Worauf Banken und FinTechs bei einer Kooperation achten sollten

Seit einiger Zeit schon stehen traditionelle Banken und Finanzdienstleister vor anspruchsvollen Herausforderungen. Sie befinden sich inmitten eines technologischen Umbruchs und einer Veränderung der Kundenbedürfnisse. Hinzu kommt, dass seit mehreren Jahren immer mehr neue Marktteilnehmer auf den Markt strömen, sogenannte „FinTechs“, die mit neuen und innovativen Geschäftsmodellen und Produkten ein immer größeres Marktvolumen einnehmen.[1]

Diese FinTechs wurden lange Zeit aufgrund ihrer hohen Innovationsfähigkeit und des ihnen zugeschriebenen Disruptionspotenzials als direkte Gefahr und Konkurrenz für traditionelle Banken angesehen. In den letzten Jahren hat sich jedoch gezeigt, dass sowohl FinTechs, als auch Banken eher an einer Kooperation als an Konkurrenz interessiert sind.[2] So zeigen aktuelle Untersuchungen, dass eine Mehrheit (ca. 77 %) der FinTechs bereits eine Kooperation mit einem etablierten Unternehmen eingegangen ist.[3]

Dabei haben beide Parteien in den letzten Jahren wertvolle Erfahrungen gesammelt und es ist zu einer Vielzahl an erfolgreichen Kooperationen gekommen. Besonderes bekannt sind zum Beispiel die Kooperation zwischen der ING und Scalable Capital[4] oder die der Commerzbank mit Etoro.

Kooperationen zwischen Banken und FinTechs

FinTechs bieten durch ihre technischen Lösungen, flachen Hierarchien und agilen Arbeitsweisen (Desing Thinking, SCRUM, Lean Startup) eine Bereicherung und Ergänzung der klassischen und konventionellen Unternehmensstrukturen der Banken. Hinzu kommt, dass FinTechs zumeist sehr kundenorientiert und schnell handeln. Die Banken ihrerseits können vor allem mit ihrer etablierten Marktposition, dem Vertrauen der Kunden und dem breiten Kundenstamm punkten. Ebenso verfügen Banken durch ihre ausgeprägten Strukturen über juristische Expertise, Kompetenz bei Regulierungsfragen und haben Zugriff auf die nötigen Backend-Systeme und Unternehmensnetzwerke.[5]

Herausforderungen

Es gibt jedoch Faktoren, die dazu führen können, dass eine Kooperation zwischen einer Bank und einem FinTech scheitern kann, vor allem bei einer engen Zusammenarbeit zwischen Bank und FinTech. Diese können sowohl durch das Vorgehen bei der Arbeitsweise als auch durch die Mentalität der Mitarbeiter der beiden Unternehmen begründet sein. Start-ups leben von flachen Hierarchien, der Eigeninitiative ihrer Mitarbeiter, die oft viel selbst entscheiden können, und flexiblen, innovativen und unkonventionellen Arbeitsweisen. Die komplexen Entscheidungsprozesse dagegen, die in Banken oftmals bestehen, bei denen ein Projekt zumeist mehrere Gremien durchlaufen muss, um abgesegnet zu werden, behindern eine Kooperation eher, da wichtige Entscheidungen zu langsam getroffen werden können. Darüber hinaus verfügen Start-ups oft nur über begrenzte Mittel, wodurch sie darauf angewiesen sind, innerhalb kurzer Zeit einen Prototypen auf den Markt zu bringen, der dann im Anschluss durch Kundenfeedback ausgebaut und verbessert wird. Schnelligkeit besitzt eine höhere Priorität als Perfektion. Diese Herangehensweise stellt für Banken oft eine Herausforderung dar, da sie ihre Reputation bei ihren Kunden nicht aufs Spiel setzen möchten und das Kapital besitzen, um lange Entwicklungszyklen durchzuführen und ihren Kunden ein „fertiges“ Produkt zu präsentieren. Somit sehen Banken oftmals keine Notwendigkeit darin, schnell mit einem neuen Produkt an den Markt zu gehen. Zudem sind die internen Prozesse einer Bank gar nicht auf eine so schnelle Entwicklung, wie sie ein Start-up durchführt, ausgelegt. Häufig sind jedoch auch strukturelle Unterschiede oder eine unterschiedliche strategische Ausrichtung der Unternehmen Gründe für ein Scheitern der Kooperation. Beispielsweise ist die Vermarktung des Start-ups durch die Bank ein enormer Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Start-ups. Banken sehen ein Start-up jedoch oftmals nur als Ergänzung des eigenen Produktportfolios und wollen weiterhin überwiegend die eigenen Produkte vermarkten. Ebenso kann es zu Konflikten kommen, wenn ein Start-up für die erfolgreiche Implementierung einer neuen Lösung etablierte und erprobte Prozesse in einer Bank digitalisieren und durch neue Technologien effizienter gestalten möchte. Die Aussicht, vertraute Abläufe aufgeben und gegen Unbekanntes ersetzen zu müssen, führt unter Umständen zu Widerstand bei den Bankmitarbeitern, während die Mitarbeiter des FinTechs sich damit schwertun werden, Prozesse beizubehalten, die sie für unnötig oder überholt halten. Diese Unterschiede sind vor allem problematisch, wenn sie sehr groß sind und nicht durch eine ausreichende Kommunikation überwunden werden können. Hierbei ist auch die Wahrnehmung kultureller Unterschiede sehr ungleich verteilt. So nehmen 90 % der FinTechs starke kulturelle Unterschiede wahr, jedoch sind es bei den Banken nur etwa 53 %.[6]

Eine weitere große Problematik ist oftmals die Skalierung eines Projektes, wenn es darum geht, dies in die gesamte Bank zu integrieren. Dies kann beispielsweise die Implementierung einer Software in das Kernbankensystem oder auch die Digitalisierung von Prozessabläufen der Bank sein. Die  Entscheidung für eine solche Integration zieht sich aufgrund der bereits genannten Entscheidungsprozesse in traditionellen Banken oft über einen langen Zeitraum, während FinTechs auf schnelle Entscheidungen angewiesen sind.

Eine andere Herausforderung, die im Laufe einer Kooperation zwischen einer Bank und einem FinTech auftreten kann, ist eine unzureichende Kommunikation zwischen den Unternehmen und zwischen den Mitarbeitern. Zum Beispiel werden bankinterne Entscheidungen über den zeitlichen Verlauf der Kooperation nicht immer an das FinTech kommuniziert oder das FinTech nicht über das Voranschreiten des Entscheidungsprozesses der Bank auf dem Laufenden gehalten, sodass das FinTech nicht weiss, ob und wie die Kooperation weitergehen soll. Darüber hinaus fehlt oft auch ein klarer Ansprechpartner. Zwar werden zu Beginn der Kooperation oftmals Ansprechpartner vereinbart; da eine Kooperation mit einem FinTech aber oft mehrere Abteilungen berührt, kann es trotzdem dazu kommen, dass Zuständigkeiten nicht klar geregelt sind und die Anliegen des FinTechs intern weitergereicht werden und der Kontakt letztendlich abbricht. Auch der Abgang des zuständigen Mitarbeiters kann dazu führen, dass der Kontakt einschläft. Ist dies der Fall, ist die Kooperation besonders aus Sicht des FinTechs schwierig. Durch die Größe der Bank stellt ein kooperierendes FinTech zumeist nur einen kleinen Teil der Wertschöpfungskette der Bank dar und ist damit nicht unbedingt von großer Bedeutung für die Bank. Dadurch besteht die Gefahr, dass das FinTech nicht genügend in die Entscheidungen der Bank einbezogen wird, und das FinTech kein Gehör in der Bank für die eigenen Bedürfnisse findet. Das führt oftmals zu Frustration beim FinTech und kann unter Umständen auch zu einem Scheitern der Kooperation führen.

Handlungsempfehlungen

Für eine erfolgreiche Kooperation ist besonders eine gründliche Vorbereitung der Kooperation entscheidend. Hierbei sollten feste Ansprechpartner in beiden Unternehmen definiert werden, um so eine enge Kommunikation zu schaffen und die Bedürfnisse und Erwartungen beider Unternehmen zu kommunizieren. Hierbei ist es außerdem ratsam, das Commitment und die Unterstützung der Managementebene der Bank einzuholen, da dadurch auch problematische Situationen oder schwierige Projekte überwunden werden können und ein besserer Zusammenhalt der beiden Unternehmen auf allen Ebenen gewährleistet ist. Darüber hinaus sollten zu Beginn der Kooperation genaue Ziele definiert und KPIs festgelegt werden, um so eine genaue Vorstellung von der Kooperation zu haben und quantitative Ziele für eine Messung des Erfolgs der Kooperation zu haben. Dies können zum Beispiel Nutzerzahlen, Kosten, aber auch der zeitliche Rahmen eines Projektes sein. Somit kann auch im Verlauf der Kooperation überprüft werden, inwieweit sie erfolgreich verläuft und ob sie weitergeführt werden sollte.

In Bezug auf die kulturellen Unterschiede, die bei einer Kooperation zwischen einer Bank und einem FinTech auftreten können, ist eine offene Kommunikation sehr wichtig. Es geht darum, die Menschen aus den Unternehmen zusammenzubringen und ein gegenseitiges Verständnis für den Partner zu schaffen. Hierfür kann es hilfreich sein, den Kooperationspartner in den eigenen Entscheidungsprozess und in die Gestaltung der strategischen Ausrichtung miteinzubeziehen und teilweise gemeinsam auszuarbeiten. Dadurch fällt es der anderen Partei einfacher zu verstehen, wie die Prozesse im Unternehmen sind und wie es zu zentralen Entscheidungen kommt.

Ebenso ist es wichtig, eine geeignete Umgebung für eine Kooperation zu schaffen. Diese spiegelt sich zum einen in einer räumlichen Umgebung wider, wie es beispielsweise ein Start-up-Lab oder Start-up-Hub sein kann, in dem Mitarbeiter aus der Bank und aus dem FinTech gemeinsam an einem Ort arbeiten. Aber auch der rechtliche Rahmen spielt in diesem Zusammenhang eine große Rolle. Hier gilt es, ein Rahmenwerk zu schaffen, welches die Interessen und Werte beider Parteien schützt und ein sicheres und vertrauenswürdiges Umfeld schafft. Hier muss beispielsweise geregelt werden, dass eine selbst entwickelten Softwarelösung oder ein intelligenter Algorithmus nicht unrechtmäßig von einem Vertragspartner verwendet wird.

Fazit

Am Anfang jeder Kooperation zwischen einem FinTech-Unternehmen und einer Bank steht zunächst einmal die Fragen nach dem Grund für die Kooperation.

Eine erfolgreiche Kooperation beginnt bereits mit der Auswahl des richtigen Kooperationspartners und einer detaillierten und umfangreichen Vorbereitung auf die Kooperation. Hierbei gilt es besonders, ein Gefühl für den Partner zu entwickeln und zu verstehen, wie er denkt und handelt. Außerdem ist es im Zuge der Vorbereitung und dem anschließenden Beginn der Kooperation wichtig, klare, messbare Ziele zu vereinbaren und festzuhalten. Dadurch ist es möglich, im Laufe der Kooperation, den Erfolg zu überprüfen und die Gestaltung der Kooperation gegebenenfalls anzupassen.

Ebenso ist es notwendig, mögliche kulturelle Unterschiede zwischen den Kooperationspartnern zu bedenken. Dabei liegen die Unterschiede besonders in der Arbeitsweise und dem Mindset der Mitarbeiter. FinTech-Unternehmen weisen eine schnellere und agilere Arbeitsweise auf als die meisten traditionellen Banken und das Mindset der Mitarbeiter ist zumeist offener und ein Stück weit risikofreudiger. Banken weisen oftmals einen hohen Grad an Formalisierung auf und verfügen über deutlich längere Entscheidungswege als FinTech-Unternehmen. Deshalb ist bei einer Partnerschaft eine gute und offene Kommunikation zwischen den beiden Unternehmen besonders wichtig. Dies hilft dabei, Probleme offen anzusprechen und Missverständnisse oder Frustration zu vermeiden.


Quellen

[1] Sudahl, Michael (2017): Fintechs – vom harten Wettbewerber zum ergänzenden Kooperationspartner. Einsatzmöglichkeiten am Beispiel von Online-Finetrading, Finanzierung Leasing Factoring, Heft 3, S. 104.

[2] Oser, Elena/ Baumann, Kai (2018): Modelle zur Zusammenarbeit von Banken und FinTechs, Meilensteine und Erfolgsfaktoren für eine gelungene Partnerschaft. https://www.bearingpoint.com/files/Zusammenarbeit_Banken_FinTechs.pdf?download=0&itemId=530712

[3] Hirschfeld, Alexander/ Gilde, Jannis/ Walk, Vanusch (2021): FinTech, Startup Monitor.

[4] Sparkassen Innovation Hub, EY (Hrsg. (2020): Der deutsche Fintech-Markt, Wie Banken und Fintech kooperieren, S.51. https://startup.ey.com/wp-content/uploads/2020/03/UNITE-Banken-und-FinTechs-2020.pdf

[5] Kern, Andreas (2015): Konkurrenz oder Kooperation?, Die Bank, Heft 7, S.33-37.

[6] PwC (Hrsg.) (2018): Kooperieren statt konkurrieren, FinTechs und Banken kommen zusammen. FinTech Kooperationsstudie 2018.

Yukio Gerst

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