Digitalisierung – ein Weg ins Ungewisse?

Am 26.06.2019 lud die Management & Advisory Services MAS AG (mas) zum mas-Event rund ums Thema Digitalisierung früher, heute und in Zukunft. Die Gästeliste umfasste alle Branchen und Unternehmensalter – vom Start-up bis zum reifen Unternehmen. Mehrere Gastreferate beleuchteten die Digitalisierung von verschiedenen Gesichtspunkten, ein Stand stellte das Open Banking Project vor und eine Paneldiskussion rundete den Event ab.

Gastreferentin Marianne Wildi (CEO bei der Hypothekarbank Lenzburg, per Video zugeschaltet) sprach über die Zukunft der Digitalisierung und den Umgang mit ihr, während Gerald Zankl (Business Development EMEA bei Bitmovin) dem Publikum die digitale Medienlandschaft interaktiv näherbrachte. Am Open-Banking-Stand informierten Marc Brogle (CTO bei DXC) und Simon Bleher (Projektleiter Open Banking beim Business Engineering Institute St. Gallen) die Gäste über das Open Banking Project und beantworteten Fragen zum Projekt.

Gastreferentin Marianne Wildi ist per Video dabei

Zum Abschluss des Events diskutierten der Gastgeber François Jeannet (Partner bei Management & Advisory Services), Samuel Hügli (Head of the Technology & Ventures Division bei Tamedia), Thomas Zerndt (CEO beim Business Engineering Institute St. Gallen), Johannes Höhener (Head of Fintech bei Swisscom) und Heinrich Zetlmeyer (Partner bei Management & Advisory Services) verschiedene Aspekte der Digitalisierung und die Annäherung in den jeweiligen Firmen.

Wir digitalisieren seit den 50er Jahren – was ist heute so anders?

Seit den 50er Jahren wird digitalisiert, im Laufe der letzten 69 Jahre hat sich jedoch einiges verändert. Samuel Hügli (Tamedia) sieht in Bezug auf Digitalisierungsprojekte nicht mehr Effizienz im Mittelpunkt, sondern Effektivität. Das, was man mache, müsse man richtig machen und dies auch immer wieder prüfen und anpassen. Bei jungen Unternehmen und Start-ups seien die Geschäftsprozesse schlanker und einfacher. Von der grünen Wiese aus könne besser auf die Inputs der Digitalisierung eingegangen werden. Doch reifere Unternehmen müssten zuerst Ressourcen zusammenführen und Wege finden, um die kulturellen Eigenschaften des Unternehmens mit der Digitalisierung zu verknüpfen.

«Das, was man macht, muss man richtig machen und dies auch prüfen und anpassen»

Samuel Hügli (Tamedia)

Die Komplexität der Digitalisierungsprozesse heutzutage ist um ein Vielfaches grösser als früher, sowohl intern als auch extern. So ist es wesentlich, dass die internen Schnittstellen und Verbindungen stimmen und man sein Geschäftsmodell skalieren kann. Extern führt die Digitalisierung zu sinkenden Markteintrittsbarrieren, sodass einerseits viele neue Geschäftsmöglichkeiten entstehen, andererseits aber auch der  Konkurrenzdruck durch neue Wettbewerber steigt. Auch Thomas Zerndt (Business Engineering Institute St. Gallen) kommt zu dem Schluss, dass man die sich manifestierende Branchenkonvergenz verstehen und nutzen muss. Aus dieser entstehen wiederum kollaborative Geschäftsmodelle, für welche innovative Technologien ein wesentlicher Enabler sind. Johannes Höhener (Swisscom) sieht die Schweiz als ein Land von Optimierern, welches vermehrt aus neuen Geschäftsmodellen aus dem Osten, wie z. B. der starken Positionierung und Differenzierung von Alibaba, lernen sollte. Der Blick über Industrie- und Landesgrenzen hinweg sei wesentlich, um bei der Digitalisierung stets vorne mit dabei sein zu können.

Thomas Zerndt spricht über kollaborative Geschäftsmodelle, veranschaulicht mithilfe des BEI Ecosystem Canvas

Wie erkennt man die Relevanz der Digitalisierung für und den Impact auf das eigene Unternehmen? Was sind die Trigger?

Für Samuel Hügli (Tamedia) ist es stets wichtig, neugierig zu sein und zu bleiben. Man solle Neues ausprobieren und den Mut haben, Dinge zu vereinfachen. Relevant werde es auch in Bezug auf zukünftige Geschäftsmodelle. Diese sollten nachhaltig gestaltet werden, auch im Hinblick auf eine mögliche Diversifizierung für Tochterunternehmen.

«Ein weiches Gleiten in die Transformation mit Einbezug der Mitarbeiter»

Thomas Zerndt (BEI)

Digitalisierung aktiv anzugehen und sich permanent damit auseinanderzusetzen, sei erfolgsrelevant, meint Thomas Zerndt. Die Dinge müssten neu gedacht und kombiniert werden. Es solle kein Hetzen sein, sondern ein weiches Gleiten, in welchem man auch die Mitarbeiter miteinbezieht und ihnen aufzeigt, wo ihre zukünftige Stellung im Unternehmen sein wird. Diese Art von Digitaler Transformation erfordere jedoch auch, die richtigen Hebel zu betätigen.

Was sind die wichtigsten Hebel für die Digitale Transformation?

Bei der Tamedia AG setze man daher vermehrt auf vier Säulen, die im Rahmen einer radikalen Umstrukturierung hin zu einer dezentralen Struktur gebildet wurden. Diese Dezentralität erlaube ein agileres Reagieren und Agieren innerhalb der einzelnen Standbeine. Diesem Prinzip folgend werde auch nicht mehr nur auf klassische Führung gesetzt, sondern man lasse die Dinge manchmal auch einfach geschehen und gebe die Verantwortung nach unten weiter. Aus diesem Handeln entstehe eine neue Art von Innovationskultur: eine offene und eigenverantwortliche Innovationskultur, so der Tamedia-Vertreter Samuel Hügli.

Bei Management & Advisory Services (MAS) steht die Technologie an der Spitze der Enabler erfolgreicher Transformationen.

«Am wichtigsten ist, die Dinge auszuprobieren und daraus zu lernen»

Heinrich Zetlmeyer (Management & Advisory Services)

Die Technologie müsse zum Kerngeschäft gehören und am wichtigsten sei es, die Dinge auszuprobieren und daraus zu lernen. So könne man sich ohne zu hohes Risiko einem Optimum annähern.

Diese Themen sieht mas im Fokus der Digitalen Transformation

Welche neuen Kompetenzen müssen sich Firmen aneignen? Was sind «unvergängliche» Kompetenzen?

Um sich diesem Optimum anzunähern, werden gewisse Eigenschaften und Kompetenzen benötigt. Johannes Höhener stellt hier die «Verunsicherungskompetenz» an die erste Stelle. Das heisst, man muss lernen, mit fehlenden oder unsicheren Informationen umzugehen. Die negative Einstellung gegenüber «Daten» müsse überwunden werden. Thomas Zerndt betont die Kompetenz des dynamischen Zusammenarbeitens.

«Neugierde und Freude an einer neuen Ausrichtung müssen vorhanden sein»

Thomas Zerndt (BEI)

Ein branchenübergreifendes Denken und Handeln sowie die Neugierde und Freude an einer neuen Ausrichtung müssten vorhanden sein.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Digitalisierung alle Unternehmen unabhängig von deren Grösse betrifft. Wichtig ist es, dass man sich nicht scheut, von anderen Unternehmen und Industrien zu lernen und kollaboratives Arbeiten anstrebt. Die Assoziation mit einem Menschenbaby liegt nahe: Aufstehen, hinfallen, Aufstehen, hinfallen – bis man den Gang beherrscht.

In diesem Sinne: Frohes Ausprobieren, Lernen und Zusammenarbeiten über Branchengrenzen hinweg.

Joël Eugster

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