Denkansätze zur Zukunft des Swiss Banking

Der Finanzsektor steht aktuell mit der Corona-Pandemie vor einer der grössten Herausforderungen: Einbruch des Wirtschaftswachstums, hohe Arbeitslosigkeit, Kreditausfälle und volatile Aktienmärkte. Weiterhin sind die alten Probleme wie Margendruck, eine zunehmende Wettbewerbsintensität, die Verlagerung der Kundenschnittstelle hin zu innovativen Fintechs und die allgegenwärtige Digitalisierung noch nicht gelöst. Diese Entwicklungen stellen traditionelle Geschäftsmodelle hiesiger Banken infrage, bieten aber auch Chancen für diejenigen, die bereit sind sich zu verändern oder neu zu erfinden.

Die digitale Transformation hat längst begonnen und ist eine Reise mit vielen Facetten, für die es kein allgemeingültiges Erfolgsrezept gibt. Dass sie auch in Zukunft eine direkte Beziehung zum Kunden benötigen und ihm digitale Services zur Verfügung stellen müssen, die durch die Integration von diversen Daten einen Mehrwert bieten, haben Banken erkannt. Allerdings ist die Umsetzung dieser Erkenntnisse in bestehende und neue Geschäftsmodelle noch lange nicht abgeschlossen und es besteht viel Nachholbedarf, sowohl im Vergleich zu Fintechs als auch im Vergleich zu anderen Ländern. Bei grossen Universalbanken fehlt oft ein klares Commitment vom Verwaltungsrat. Die digitale Transformation verändert alle Geschäftsbereiche der Organisation. Sie muss von oben dirigiert und in Form von strategischen Initiativen von der Geschäftsleitung umgesetzt werden. Der Fachkräftemangel in der Schweiz von 40’000 ICT-Fachkräften bis ins Jahr 2026[i] führt allerdings zu Handlungsunfähigkeit in wichtigen Bereichen wie künstliche Intelligenz, Blockchain-Technologie oder Internet der Dinge (IoT).

Aufstrebende Finanzzentren

Veränderung geschieht in der Regel langsam. Nur selten sieht man sich mit wirklich überraschenden Entwicklungen, wie wir sie seit dem Lockdown erleben, konfrontiert. Generell hat die Veränderungsgeschwindigkeit im Laufe der Zeit durch digitale Informations- und Kommunikationstechnologien rasant zugenommen. Dieses Prinzip lässt sich gut an der Bedeutung von Finanzzentren illustrieren: Augsburg zum Beispiel war zwischen dem 13. und 17. Jahrhundert vierhundert Jahre lang ein wichtiges Finanzzentrum – eine Ewigkeit nach heutigen Massstäben. Demgegenüber haben europäische Finanzzentren allein über die letzten Jahre in der vergleichsweise kurzen Zeitspanne von 2007 bis 2020 stark an Bedeutung verloren, wie das GFCI Ranking beweist.[ii] Gewinner, gemessen an Faktoren wie der Entwicklung des Finanzsektors, Geschäftsumfeld, Infrastruktur, Humankapital und Reputation, sind Beijing, Shanghai, Singapur, Hongkong aber auch Guangzhou und Shenzhen. Auch bei der Verteilung am Welt-BIP verliert Europa kontinuierlich, während Länder wie Indien und China überdurchschnittlich wachsen. Professor Klaus Wellershoff sieht fünf Gründe für diese Entwicklung: Finanzzentren folgen wirtschaftlicher Aktivität, Margen schrumpfen in wettbewerbsorientierten Märkten,[iii] Konzentration folgt aus der Homogenität,[iv], Eintrittsbarrieren schaffen weitere Konzentration[v] und Innovation ist Schlüssel.[vi] Letzteres findet heute mit der Theorie der kreativen Zerstörung von Joseph Schumpeter grosse Anerkennung. Solange die Grenzkosten aufgrund immer billiger werdender Informations- und Kommunikationstechnologien und der Nutzung von digitalen Plattformen weiter sinken, wird die Digitalisierung weitergehen und Firmen, die sich nicht anpassen, verdrängen. Speziell europäische Banken haben ihre digitale Innovationsfähigkeit zu wenig ausgebaut und sehen sich nun bedroht.

In China sind in den letzten zehn Jahren Konglomerate entstanden, die keine Unternehmensgrenzen mehr kennen. Diverse Daten verschiedener Branchen werden mit dem einzigen Ziel miteinander verknüpft, Kunden individualisierte Lösungen anzubieten. Alibaba, Tencent und Baidu bieten immer mehr Finanzdienstleistungen über ihre digitalen Plattformen an. In China gibt es bereits über 6’000 Fintechs, 150 davon mit einer Banklizenz. Das nun einige dieser Firmen an globaler Bedeutung gewinnen ist kein Zufall. Die Kombination von digitalen Innovationen, offenen Geschäftsmodellen und branchenübergreifenden Ecosystemen ist entscheidend.[vii] Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die gezielte Förderung der chinesischen Regierung. So soll China bis 2030 das führende Land im Bereich der künstlichen Intelligenz werden. Unternehmensgründer, Investoren und Geschäftsleitungen sind also zur Digitalisierung verpflichtet.

Unsere Finanzinstitute stehen neben dem lokalen Wettbewerb zusätzlich vor der Herausforderung, Technologie gezielt einzusetzen und damit für Kunden in der Schweiz und gegebenenfalls internationalen Standorten innovative Services anzubieten. Um wettbewerbsfähig zu bleiben müssen Schweizer Banken jetzt handeln. Die aktuelle Situation hat wie nie zuvor aufgezeigt, wie wichtig es ist, digitale Unterstützung zu haben. Je proaktiver man Veränderungen angeht, desto grösser ist die Chance auf Erfolg.

Private Banking als Stütze unseres Finanzplatzes

Das Private Banking galt über Jahrzehnte als Erfolgsgarant für den Schweizer Finanzplatz und kann – auch nach der Lockerung des Bankkundengeheimnisses – ein sicherer Hafen für vermögende Kunden bleiben. Kriterien wie politische und wirtschaftliche Stabilität, der starke Schweizer Franken, Vertrauen und Konsistenz der Geldpolitik werden weiterhin wichtig sein und können nicht einfach digitalisiert in einer App angeboten werden. Allerdings ist die Stabilität trügerisch. So hat die Schweizer Nationalbank (SNB) die Geldmenge seit der Finanzkrise um das 13-fache erhöht, während sie sich in der EU «nur» verdreifachte. Wenn das Bankensystem implodiert, weil die Geldpolitik zu expansiv und die Geldmenge zu hoch ist, hat dies einen Einfluss auf das Vertrauen in den Schweizer Franken und den Finanzplatz Schweiz. Die rasant steigende Anzahl vermögender Menschen aus Asien wird ihren Weg nicht automatisch in die Schweiz finden, da das Private Banking aktuell nicht gut genug ist, wie Professor Wellershoff bemerkt.[viii] Der Neugeldzuwachs für Schweizer Privatbanken der nächsten Jahre entsteht eher durch Repatriierung und Erbschaften.[ix]

Des Weiteren hemmen immer schärferen Regulierungen Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit. Performance für den Kunden und Profitabilität für den Kundenberater sind nach wie vor das Hauptziel in der Vermögensverwaltung. Durch zunehmende regulatorische Anforderungen sind Wachstum und Rendite vor allem für kleine Privatbanken und unabhängige Vermögensverwalter immer schwerer zu erreichen. Mit den Informations- und Dokumentationspflichten, die sich aus Fidleg/Finig ergeben, fordert die FINMA beispielsweise, dass die Bank alles über ihre Kunden weiss und jederzeit dokumentieren kann. Weitere Regularien für unabhängige Vermögensverwalter zwingen etablierte Unternehmen ihre traditionellen Geschäftsmodelle, welche in den vergangenen 20 Jahren gesetzeskonform waren, zu ändern. Experten sind sich einig, dass sich die Konsolidierung im Markt verschärfen wird. Die Fokussierung auf Kernkompetenzen und die Ergänzung des Angebots durch Kooperationen sowie Zusammenschlüsse von Vermögensverwaltern werden zunehmen. One-Man-Shows, ehemalige Kundenberater, die von Grossbanken abwanderten, ihre Kunden mitnahmen und als unabhängige Vermögensverwalter weiter betreuten, sterben aus. Die hohen Risiko- und Compliance-Anforderungen können viele kleine Firmen nicht mehr sicherstellen. Oft bedeutet dies auch zusätzliche Investitionen in Applikationen und digitale Tools, was bei etlichen Kleinfirmen zu finanziellen Problemen führt. Viele unabhängige Vermögensverwalter und Family Offices haben es schlichtweg verpasst, sich mit Innovation und Digitalisierung zu beschäftigen.

Privatbanken haben das Problem, die impliziten Informationen der Kundenberater in ein organisationsübergreifendes System einfliessen zu lassen. Das liegt zum einen daran, dass viele Kundenberater Kunden als ihre persönlichen Assets empfinden und nicht als jene ihrer Arbeitgeber. Zum anderen ist dies ein Prozess, bei dem vor allem langjährige, weniger technologieaffine Kundenberater Betreuung benötigen werden. Darüber hinaus müssen auch externe Daten mit den internen Kundeninformationen verknüpft werden, um noch mehr Kundenwert zu generieren. Ein weiterer Schwerpunkt der Transformationsbestrebungen sind eher prozessualer Natur. Ohne den Einbezug der Mitarbeiter kann kein Kulturwandel stattfinden. Dieser ist allerdings für die digitale Transformation unabdingbar. Die fehlende Agilität der Organisation, Wissenslücken und die damit verbundene Beherschung der Komplexität führen letztendlich dazu, dass etliche nicht unbeschadet aus der stattfindenden Konsolidierungswelle herauskommen.

Das Bankenland Schweiz zählt heute noch 248 lizensierte Banken (ein Rückgang von 25 % innerhalb von zehn Jahren) und von den 2’400 unabhängigen Vermögensverwaltern werden in den nächsten Jahren ein Viertel verschwinden.[x] Auch in Deutschland werden von den heute 1’600 Banken bis 2030 nur 150-300 überleben.[xi] Wenn wir den Wandel nicht angehen und Geschäftsmodelle erneuern, wird das klassische Private Banking an Bedeutung verlieren.

Zukünftige Geschäftsmodelle

Es lässt sich heute noch nicht voraussagen, wie genau künftig erfolgreiche Geschäftsmodelle ausgestaltet sein werden – an welchen Trends sie sich ausrichten werden allerdings schon: Kundenzentrierung, Verfügbarkeit jederzeit (on demand) und überall (mobile first) bei gleichzeitiger Lokalisierung am Ort des Nutzers und Transparenz sind nur einige davon. Bei der Formulierung ihrer Strategien müssen Banken immer stärker auf die Bedürfnisse von Millenials als Kunden, Arbeitnehmer und Investoren eingehen. Ein Beispiel dafür ist die Abkehr vom reinen Shareholder Value und die stärkere Fokussierung auf Corporate Social Responsibility and Nachhaltigkeit. Differenzierung wird über die Kundenberatung stattfinden, die physischen Kontakt und Algorithmen und Chatbots nahtlos integriert.

Die Individualisierung von Kundenbedürfnissen und die Nutzung digitaler Trends haben Google, Amazon, Facebook, Apple und in Asien Baidu, Alibaba und Tencent längst in ihren Geschäftsmodellen verankert. Sie holen ihre Kunden dort ab, wo sie sich bewegen – auf ihren digitalen Plattformen. Um ihnen nicht kampflos das Feld zu überlassen, zählen Digitalisierungsstrategien zu den wichtigsten neuen Leadership-Aufgaben. Die digitale Transformation geht allerdings weit über die Digitalisierung bestehender Geschäftsprozesse hinaus und beinhaltet eine Überprüfung und gegebenenfalls eine Neugestaltung des Kundenerlebnisses und des Geschäftsmodells. Dabei ist es wichtig, die Mitarbeiter in den Transformationsprozess miteinzubeziehen.[xii] Kultur und Werte in der digitalen Welt verändern sich. Dies löst bei vielen Mitarbeitenden Unbehagen aus. Der organisatorische Kulturwandel dauert lange und darf nicht unterschätzt werden. Ängste muss man ernst nehmen. Denn wenn die Mitarbeiter Veränderungen meiden, geht die Transformation nicht voran. Begleitende Change-Management-Massnahmen sind daher unerlässlich.

Da viele der für die Digitale Transformation benötigten Kompetenzen nicht unbedingt zu den Kernkompetenzen von Banken gehören, empfiehlt es sich, sowohl für die Gestaltung des Transformationsprozesses selbst als auch bei der Erbringung des Angebots Spezialisten hinzuzuziehen und die Wertschöpfung so mit Hilfe eines organisch wachsenden Ecosystems zu erweitern. Ein gezieltes Coaching zum Beispiel hilft bei der Eruierung des Transformationsbedarfs und bei der Aufstellung einer konkreten Roadmap. So kann die Transformation systematisch angegangen und die Organisation mit einer Digitalisierungsstrategie auf zukünftige Geschäftsmodelle vorbereitet werden. Unternehmen können sich kaum schnell genug an alle Trends anpassen, die gleichzeitig auf sie einwirken. Die sich ständig verändernde Nachfrage von Seiten der Kunden und die Konkurrenz von Nicht-Banken und Fintechs aus Asien müssen zu neuen, offenen Denkansätzen führen. Agile Organisationsformen, kollaborative Geschäftsmodelle und Ecosysteme sind empfohlene Strategien.

Ecosysteme

Das Business Engineering Institute St. Gallen versteht unter einem Ecosystem eine sich dynamisch entwickelnde Gemeinschaft eigenständiger sozialer und ökonomischer Akteure. Die Interaktion und Wertschöpfung findet dabei über abgestimmte Technologien, Normen und Regeln innerhalb des Netzwerkes statt.[xiii] Plattformen bieten die notwendige organisationale und transaktionale Infrastruktur für den Austausch von Ressourcen und Leistungen. Das Versprechen, den Kunden ins Zentrum zu stellen, ist dabei eine wichtige Voraussetzung. Viele Finanzakteure haben aber immer noch eine starke Selbstbezogenheit, im Sinne von «wir machen/bestimmen/kontrollieren». Für den Aufbau eines funktionierenden Ecosystems ist eine solche Einstellung nicht zielführend. Hier sollten sich Banken insbesondere auch vor dem Hintergrund des Kostendrucks bewegen. Die Fokussierung auf Kernkompetenzen und das Eingehen von Kooperationen zahlt sich aus. Das i.AM Innovation Lab, ein Spin-off der Credit Suisse, zeigt, dass ein Open Innovations-Ansatz im Asset Management als Schnellboot oder Accelerator für digitale Innovationen dienen kann. Die Firma nutzt dabei Design Thinking, Lean- und agile Methoden. Diese Ansätze würden in einer grossen Organisation kaum funktionieren.

Open Banking

Open Banking sollte als grosse Chance gesehen werden. Gemeinschaftliche Initiativen wie das OpenBankingProject.ch sind gerade deshalb so wichtig, weil sie Finanz-Ecosysteme schaffen und Mehrwert für Fintechs, Neo-Banken aber auch für traditionelle Banken generieren. Auch die Thurgauer Kantonalbank hat sich längst auf Open Banking eingestellt. Dies führt zum Aufbrechen von traditionellen Wertschöpfungsketten innerhalb der Produktentwicklung, des Transaktions-Managements oder bei Kundenzugriff und der Beratung. Mit innovativen APIs (Application Programming Interfaces) können auch Geschäftsfelder branchenfremder Firmen integriert werden.

Aus technologischen Neuerungen heraus entstehen neue Geschäftsmodelle. Millennials und vor allem die Generation Z wollen digitale Lösungen und bewegen sich gerne in sozialen Netzwerken. Experten sind sich einig, dass jeder Tag, an dem Millennials erfolgreich mit Neo-Banken arbeiten, Vertrauen in innovative Lösungen geschaffen wird. Deshalb haben etablierte Banken keine Zeit zu verlieren und müssen sich mit digitalen Innovationen und disruptiven Geschäftsmodellen auseinandersetzen. Yapeal zum Beispiel, eine neue, vollständig digitale Schweizer Bank, kommt diesem Anspruch nach. Die Firma definiert Finanzdienstleistungen neu und bietet Community-Banking an, wobei die Crowd als Ressource einen wichtigen Bestandteil des Geschäftsmodells darstellt. Entsprechend ist die Community, bestehend aus Kunden, ein Teil der Wertschöpfung. Konkret können Anwendungsfunktionen, Investitionsempfehlungen, Tipps und Erfahrungen geteilt werden. Dank künstlicher Intelligenz passt sich die App an den aktuellen Lebensstil des Kunden an und unterstützt mit intelligenten Sparzielen. Diese können wiederum von anderen Teilnehmern genutzt werden. Der Trend der Sharing Economy führt also auch dazu, dass Kunden ihre Daten miteinander teilen und hilft dabei, dass alle voneinander lernen können. Yapeal hat als junge Firma keine Legacy – muss also nicht durch die digitale Transformation. Das Kunden-Onboarding ist Finma-konform und findet ohne Papier in weniger als drei Minuten statt.

Konnektivität und Daten

Die gemeinsame Nutzung von Daten ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor, da die Qualität der Wertversprechung stark von der Aufbereitung und der Verknüpfung interner und externer Daten abhängt. Das eingangs präsentierte Beispiel der branchenübergreifenden Kollaboration aus China zeigt, wie wichtig Konnektivität und Datenaustausch tatsächlich sind. Gerade bei der Verwaltung von Daten hinken Schweizer Finanzinstitute ihren Konkurrenten hinterher. Daten werden hierzulande beispielsweise nicht für innovative Service-Modelle oder spezifische Angebotsvorschläge genutzt. Dabei wäre dies zum Beispiel im Bereich Anlegen vor allem für vermögende Kunden äusserst wichtig, da ihre Investitionen oft vielschichtig sind und die Bankbeziehung sich dementsprechend komplex gestaltet. Es müssen immer mehr Daten aus verschiedensten Quellen in Echtzeit bearbeitet werden. Kunden, egal aus welcher Region, wünschen sich eine ganzheitliche Sicht auf ihre Investitionen. An dieser Stelle bietet die Credit Suisse ein Beispiel gelungener Innovation, da sie als Inkubator unter anderem sehr früh das Singapurer Fintech Canopy mitfinanziert, welches eine Plattform zur Kontozusammenführung und Analyse anbietet. Neben der Konnektivität ist die Datenqualität ebenso wichtig. Denn nur wenn grosse Mengen Daten von verschiedenen Quellen effizient gesammelt und aufbereitet werden, kann eine zuverlässige und zielgerichtete Analyse Kundenmehrwert generieren. Künstliche Intelligenz und Machine Learning sind entsprechend für die Monetarisierung von Daten von grosser Bedeutung. 

Natürlich ist der Datenschutz in der Schweiz vergleichsweise ausgeprägt. Dies ist aber nicht unbedingt innovationsfördernd. Ein Argument, das oft gegen die erweiterte Datennutzung ins Feld geführt wird, ist, dass Schweizer Kunden von ihren Banken die vertrauliche Handhabung ihrer Daten erwarten. Allerdings beweisen die grossen Techkonzerne sehr anschaulich, dass Menschen Technologien akzeptieren, wenn sie gewisse Bedürfnisse damit befriedigen können. Wenn es einen Nutzen bringt, persönliche Daten zur Verfügung zu stellen, so wird es in der Regel gemacht.

Fazit

Mit der Corona-Krise wurde uns die Notwendigkeit der Digitalisierung erst richtig bewusst. Digitalisierungsbestrebungen werden dadurch einen Aufwind erleben. Die Digitalisierung von Dingen (IoT) und Prozessen dient als Basis für Innovationen und zukünftige Geschäftsmodelle. Wie im Artikel erwähnt, dient die Digitalisierung als Transformationstreiber, lässt Unternehmensgrenzen verschwimmen und führt zu einer Service-orientierten Geschäftslogik und netzwerkorientierten Wertschöpfung. Die Digitalisierung ist dringend notwendig und kann nicht mehr aufgeschoben werden. Die digitale Transformation als übergeordneter Prozess wird den ganzen Finanzsektor nachhaltig verändern und noch lange beschäftigen.

Banking ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zum Zweck. Es geht darum, Kundenbedürfnisse zu befriedigen, und nicht primär darum, Bankdienstleistungen anzubieten. In Zukunft steht nicht mehr das Produkt, sondern die genutzte individualisierte Dienstleistung im Vordergrund. Für die nächste Generation Kunden ist eine App der bedeutendste Interaktionspunkt. Darüber werden sie allerlei Services beziehen – unabhängig davon, ob diese von einer Bank oder einer Social-Media- oder E-Commerce-Firma bereitgestellt werden. Ecosysteme werden daher eine stärkere Rolle spielen. Sie bieten Banken Optionen, ihre Services in verschiedenen Bereichen anzubieten – auch in der Rolle als Anbieter oder Infrastrukturdienstleister. Indem sie sich breit aufstellen und Dienstleistungen ausserhalb des Finanzsektors anbieten, können Banken von den aktuellen Trends profitieren. Während Community-Banking-Ansätze noch in den Kinderschuhen stecken, hat Apple bereits eine eigene Kreditkarte, Facebook mit Libra eine neue Währung, Amazon ein Girokonto und Alipay und WeChat Pay Zahlungsdienstleistungen über QR-Codes revolutioniert. Beschäftigen Sie sich jetzt mit der Digitalisierung und disruptiven Geschäftsmodellen, denn eines ist sicher: das Banking wird bereits in wenigen Jahren nicht mehr so sein wie heute. Business Transformation Leadership ist eine wichtige Verantwortlichkeit, um den Herausforderungen zu begegnen.


[i] IWSB: ICT-Fachkräftesituation: Bedarfsprognose 2026. ICT-Berufsbildung Schweiz, 2018.

[ii] GFCI: The Global Financial Centers Index 27, March 2020.

[iii] Siehe Léon Walras’ Theory of perfect competition.

[iv] Siehe Harold Hotelling’s Theory of spatial competition.

[v] Siehe Joseph Stigler’s Theory of barriers to entry.

[vi] Klaus Wellershoff: Europe and the Financial Centres–What Happens?, BankersCom, 26 September, 2019.

[vii] Daniel Fasnacht: Open Innovation Ecosystems, Springer, 2018. https://www.springer.com/de/book/9783319763934

[viii] Ibid. 3

[ix] BCG: Global Wealth Report, 2018.

[x] Swissbanking: Bankenbarometer 2019, August 2019; Credit Suisse & Universität St. Gallen: Swiss External Asset Managers Industry Report 2017, 2017.

[xi] Oliver Wyman: Bankenreport Deutschland 2030, 2018.

[xii] Mehr Informationen über den Einbezug von Mitarbeitern in die Digitale Transformation finden Sie im Blogbeitrag «Digitale Transformation – Faktor Mensch»

[xiii] Siehe Comptence Center Ecosystems, Business Engineering Institute St. Gallen. https://www.bei-sg.ch/cc-ecosystems

Daniel Fasnacht

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